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Verheerende Waldbrände von Mati: Tragödie, Fehler und Aufarbeitung in Griechenland

  • Autorenbild: crisewise Redaktion
    crisewise Redaktion
  • 23. Juli 2018
  • 2 Min. Lesezeit

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Im Juli 2018 brach in der Region Attika, rund 30 Kilometer östlich von Athen, eine Serie von Waldbränden aus. Die Flammen standen im Zusammenhang mit der damaligen Hitzewelle in Europa. Innerhalb weniger Stunden verwüsteten zwei Hauptfeuerfronten die Küstenorte rund um Rafina, Kokkino Limanaki und Mati. Mehr als 104 Menschen verloren ihr Leben, über 170 wurden verletzt.


Ausbruch und Ausbreitung

 Am 23. Juli 2018 gegen 13 Uhr begann ein Feuer im Westen von Athener Vororte Kineta. Stunden später entfachte ein zweites nahe Penteli, nur wenige Kilometer nordöstlich von Athen. Starke Winde mit bis zu 124 km/h ließen die Brände unkontrolliert über dicht bewaldete Hügel rasen. Innerhalb von nur zwei Stunden erreichten die Flammen die dicht besiedelten Küstengebiete und setzten Häuser, Fahrzeuge und Vegetation in Brand.


Das Drama von Mati

 Vor allem Mati wurde zum Albtraum. Viele Menschen flohen in Panik in ihre Autos, doch die engen, verwinkelten Straßen führten zu Staus. Andere rannten in Richtung Meer, um sich im Wasser in Sicherheit zu bringen. Berichte sprechen von 26 Opfern, die nur wenige Meter vom Ufer entfernt im Meer tot aufgefunden wurden – manche in den Armen ihrer Liebsten. Boote lokaler Fischer bargen Überlebende, während Feuerwehr und Küstenwache nur langsam reagierten.


Ursachen und Versäumnisse

 Die Ermittlungen ergaben, dass die Feuer mutmaßlich durch Nachlässigkeit ausgelöst wurden – ein Bewohner verbrannte Holz im Garten, ein anderer hatte eine Stromleitung beschädigt. Doch fehlende Evakuierungspläne, mangelhafte Warnsysteme und eine unkoordiniert arbeitende Katastrophenschutzbehörde verschlimmerten die Lage. Unregulierte Siedlungsstrukturen direkt am Waldrand ließen den Feuern kaum Raum, sich zu verlangsamen.


Stimmen der Überlebenden

 Ein Jahr nach dem Unglück beschrieb ein Überlebender seine siebenstündige Wartezeit im Meer, während brennende Fahrzeuge explodierten und heiße Asche auf sie niederregnete. Er klagte, „In meinen Albträumen bin ich immer noch im Meer“. Ein anderer Helfer schilderte, wie er mit seinem Motorrad 18 Menschen aus den Flammen rettete, obwohl ihn am Ort ein Polizist mehrfach am Vorgehen hinderte.


Erste Aufarbeitung und Entschädigung


 Im März 2019 legten Staatsanwälte einen 292-seitigen Bericht vor. Er beklagte ein „Chaos und den Zusammenbruch des Systems“ bei Polizei, Feuerwehr und Zivilschutz. Die griechische Regierung versprach einen Wiederaufbau als „Modellstadt“. Bis Ende 2019 erhielten Betroffene Entschädigungen von bis zu 6.000 €, doch viele Eigentümer klagten weiter wegen Verfahrensblockaden bei Baugenehmigungen.


Gerichtsverfahren 2022–2024

 Ende 2022 begann der Prozess gegen 21 Angeklagte – darunter Feuerwehrchefs, Polizisten, Zivilschutzbeamte, Kommunalpolitiker und den mutmaßlichen Brandstifter. Am 29. April 2024 verurteilte ein Athener Gericht sechs Personen zu Haftstrafen zwischen 15 und 111 Jahren wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Die Strafen wurden jedoch auf höchstens fünf Jahre zur gleichzeitigen Verbüßung reduziert, viele Angeklagte dürfen stattdessen Geldbußen zahlen. 15 weitere wurden freigesprochen. Angehörige zeigten sich entsetzt und kündigten Berufungen an.


Ausblick und Lehren für die Zukunft

 Nur zwei Jahre später, im August 2021, weiteten sich erneute Waldbrände in Griechenland und der Türkei aus – diesmal ohne Ausnahme starker Winde, aber bei Temperaturen bis 47 °C. Die Ereignisse von 2018 mahnen zu besserer Stadtplanung, zuverlässigen Frühwarnsystemen und koordinierten Evakuierungsplänen. Mit dem fortschreitenden Klimawandel steigt die Gefahr extremer Hitze und Trockenheit. Griechenland und die EU setzen inzwischen verstärkt auf präventive Maßnahmen und grenzüberschreitende Zusammenarbeit, um künftige Tragödien zu verhindern.


Diese Katastrophe zeigt: Technische Ausrüstung allein reicht nicht. Entscheidend sind klare Abläufe, schnelle Kommunikation und das Vertrauen der Bevölkerung in die Hilfe ihrer Behörden. Nur so können die traumatischen Erfahrungen von 2018 dauerhaft in Lehren für Mensch und Natur verwandelt werden.

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