STRAHLUNGSNOTFÄLLE
1 Strahlungsnotfälle – Ratgeber für Notfallvorsorge und Verhalten
Strahlungsnotfälle – also Situationen, in denen Radioaktivität unkontrolliert freigesetzt wird – sind selten, aber dennoch auch in Deutschland möglich. Obwohl hierzulande seit 2023 keine aktiven Kernkraftwerke mehr in Betrieb sind, können Atomkraftwerksunfälle im Ausland durchaus Auswirkungen auf Deutschland haben. Ein bekanntes Beispiel ist die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986, deren radioaktive Wolke durch Wetter und Wind ganz Europa – und somit auch Deutschland – erreichte. Auch die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 zeigte, dass nukleare Unfälle weiträumige Folgen haben können. In Reaktion darauf wurden in Deutschland die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt: So hat der Bund z. B. Millionen Jodtabletten eingelagert, um die Bevölkerung im Ernstfall versorgen zu können.
Neben Kernkraftunfällen sind auch andere Strahlenunfälle denkbar: Etwa Industriehavarien in Forschungsanlagen oder Betrieben, die radioaktive Materialien nutzen, Transportunfälle mit radioaktiven Stoffen oder Radiologie-Unfälle in Krankenhäusern (beispielsweise mit Röntgengeräten oder Strahlentherapiequellen). Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist – jede*r kann von einem Strahlungsnotfall betroffen sein, sei es direkt oder indirekt durch in die Umwelt gelangte Radioaktivität. Vorbereitung und Wissen sind daher essenziell, um im Ernstfall richtig zu reagieren. Wer vorbereitet ist, kann sich und anderen effektiv helfen, bis staatliche Hilfe eintrifft. Dieser Ratgeber erklärt, wie Sie vorsorgen können (Notfallvorsorge) und was im Falle eines Strahlenunfalls vor, während und nach dem Ereignis zu tun ist. Er richtet sich an Familien, Hausbesitzer, Mieter in Risikogebieten und Senioren – in leicht verständlicher, sachlicher Sprache, die zum Handeln motiviert.
1.1 Ursachen und Formen von Strahlungsnotfällen
Strahlungsnotfall ist nicht gleich Strahlungsnotfall. Es gibt verschiedene Ursachen und Szenarien, die zu einer gefährlichen Freisetzung von Radioaktivität führen können. Die wichtigsten Formen sind:
Atomkraftwerksunfälle (Kernschmelze oder Leckagen)
Ein schwerer Unfall in einem Kernkraftwerk – umgangssprachlich oft „Super-GAU“ genannt – kann große Mengen radioaktiver Stoffe freisetzen. Beispiele dafür sind historische Ereignisse wie Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011). Auch wenn in Deutschland selbst die Kernkraftwerke abgeschaltet sind, liegen in unseren Nachbarländern (z. B. Frankreich, Belgien, Schweiz, Tschechien) Reaktoren, deren Störfälle auch deutsche Gebiete betreffen könnten. Die deutschen Behörden planen daher für solche grenznahen Szenarien umfassend voraus. Selbst kleinere Störfälle in Kernkraftwerken (z. B. ein Transformatorbrand oder eine Reaktorschnellabschaltung) können lokal begrenzte Strahlenalarme auslösen – hier greifen Notfallpläne, um Anwohner schnell zu warnen.
Industrie- und Forschungsunfälle
Radioaktive Materialien werden in verschiedenen Branchen eingesetzt, etwa in der Materialprüfung (industrielle Radiographie), in der Messtechnik oder in Forschungsreaktoren. Industriehavarien könnten auftreten, wenn z. B. ein Strahler unsachgemäß gelagert oder recycelt wird. Ein Beispiel wäre ein Stahlwerk, das aus Versehen ein radioaktives Altmetall einschmilzt – dabei können radioaktive Partikel freigesetzt und weiträumig verteilt werden. Auch Forschungsanlagen (wie Reaktorlabors oder Teilchenbeschleuniger) haben Sicherheitskonzepte, doch menschliches Versagen oder technische Defekte können nie ganz ausgeschlossen werden.
Medizinische Strahlenunfälle (Radiologieunfälle)
In Krankenhäusern und Arztpraxen werden Röntgengeräte und radioaktive Substanzen (etwa in der Krebsbehandlung) verwendet. Fehler in der Handhabung, beschädigte Geräte oder falsch entsorgte Strahlenquellen können zu lokalen Strahlungsnotfällen führen. Ein bekanntes Beispiel außerhalb Deutschlands ist der Goiânia-Unfall (1987 in Brasilien), bei dem eine ungesicherte medizinische Strahlenquelle fatale Folgen hatte. In Deutschland gab es glücklicherweise bislang keine derart schweren Radiologieunfälle, aber kleinere Vorfälle (z. B. Überdosierungen in der Strahlentherapie oder verlorene Strahlenquellen) sind dokumentiert.
Absichtliche Freisetzung (Terrorismus)
Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, sei der Vollständigkeit halber erwähnt: Eine „schmutzige Bombe“ (konventioneller Sprengstoff kombiniert mit radioaktivem Material) könnte absichtlich Radioaktivität in einer Stadt freisetzen. Behörden halten dieses Risiko für gering, aber es ist Teil der Planung von Katastrophenschützern. Die Verhaltensregeln wären ähnlich wie bei Industrie- oder Kernkraftwerksunfällen (Schutz suchen, informieren, Dekontamination – siehe weiter unten).
Fazit
Strahlungsnotfälle können verschiedene Gesichter haben – vom großflächigen radioaktiven Fallout nach einem Kernkraftwerksunglück bis zum örtlich begrenzten Strahlenleck in einem Labor. In allen Fällen gilt es, vorbereitet zu sein und die Schutzanweisungen der Behörden ernst zu nehmen. Im nächsten Abschnitt erfahren Sie, welche vorbeugenden Maßnahmen Sie schon jetzt ergreifen können, um im Falle eines Strahlenunfalls geschützt zu sein.

2 Vorbeugende Maßnahmen zu Hause und im Alltag
Eine gute Notfallvorsorge hilft Ihnen, die Auswirkungen eines Strahlungsnotfalls auf Sie und Ihre Familie zu minimieren. Folgende vorbeugende Maßnahmen können Sie bereits im Voraus zu Hause und im Alltag treffen:
Jodtabletten besorgen und informiert sein
Im Falle eines nuklearen Unfalls werden oft Kaliumiodid-Tabletten (Jodtabletten) verteilt, um die Schilddrüse mit stabilem Jod zu sättigen. Dadurch wird verhindert, dass die Schilddrüse radioaktives Jod aufnimmt. Wichtig: Die Einnahme von Jodtabletten sollte nur auf Anweisung der Behörden erfolgen, zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Dosierung. Für Personen über 45 Jahre wird eine Jodprophylaxe meist nicht empfohlen, weil in höherem Alter die Risiken (Nebenwirkungen) den Nutzen übersteigen können. Informieren Sie sich bei Ihrer Katastrophenschutzbehörde, ob Sie in einer Region wohnen, in der Jodtabletten vorsorglich verteilt wurden. Viele Gemeinden im Umkreis von Kernkraftwerken haben derartige Vorsorgekonzepte. Sie können Jodtabletten auch selbst rezeptfrei in der Apotheke oder online bevorraten – z. B. Kaliumiodid Lannacher 65 mg (speziell für Strahlenunfälle dosiert). Haben Sie die Tabletten im Haus, aber nehmen Sie sie nicht ein, bevor eine offizielle Warnmeldung dies ausdrücklich anordnet!
Schutzraum einrichten
Überlegen Sie sich, welcher Raum in Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus im Ernstfall als Schutzraum dienen kann. Ideal ist ein Raum im Keller oder im Zentrum des Gebäudes, möglichst weit weg von Außenwänden, Dach und Fenstern. Dieser Raum bietet den besten Schutz vor außen kommender Strahlung, da dichte Wände und Decken einen Teil der Strahlung abschirmen. Statten Sie diesen Bereich mit einigen Hilfsmitteln aus: z. B. Klebeband und Folie, um Fenster und Türen im Notfall abdichten zu können (so verhindern Sie, dass radioaktiver Staub in die Wohnung gelangt). Denken Sie auch an Dichtungsmaterial für Lüftungsschächte oder Türspalten. Wenn Sie in einem Einfamilienhaus mit Keller wohnen, richten Sie dort eine Ecke als Schutzraum her (ein Tisch, Stühle oder Matratzen können als provisorische Barriere gegen Strahlung von oben dienen). In einer Mietwohnung ohne Keller suchen Sie den innenliegenden Raum (z. B. Bad oder Flur) auf. Wichtig ist, dass Sie sich im Voraus Gedanken machen, wo Sie im Haus Schutz suchen würden – so verlieren Sie im Ernstfall keine Zeit.
Notfallvorrat anlegen
Ein Notfallvorrat an Lebensmitteln, Trinkwasser und Alltagsbedarf ist nicht nur bei Strahlungsnotfällen sinnvoll, sondern gehört generell zur Krisenvorsorge. Legen Sie Lebensmittel (Konserven, Trockennahrung, Langzeitlebensmittel) und ausreichend Wasser auf Vorrat. Offizielle Stellen empfehlen mindestens für 3 Tage, besser 7-10 Tage eigenständig überbrücken zu können. Pro Person sollten etwa 2 Liter Wasser pro Tag eingeplant werden. Vergessen Sie nicht Haustiere (auch für sie Futter/Wasser bevorraten) und wichtige Medikamente (mindestens für zwei Wochen, falls Lieferung und Apotheken gestört sind). Ein Tipp: Erstellen Sie eine Checkliste Strahlenschutz-Notfallvorsorge – was brauche ich alles? Zum Beispiel: Trinkwasser, Lebensmittel, batteriebetriebenes Radio, Ersatzbatterien/Akkus, Taschenlampen, Kerzen, Feuerzeug, Erste-Hilfe-Set, Hygieneartikel (Feuchttücher, Müllbeutel), Batterien oder Kurbel-Ladegeräte für Handys, ggf. Powerbank, Haustierbedarf, etc. Packen Sie sich auch einen Notfallrucksack (Fluchtrucksack) mit dem Nötigsten, falls Sie das Haus rasch verlassen müssten – so etwas ist in vielen Situationen hilfreich (nicht nur bei Strahlenalarm, sondern z.B. auch bei Feuer oder Überschwemmung). In den Notfallrucksack gehören Kopien wichtiger Dokumente, etwas Bargeld, Taschenlampe, Multitool, Handy-Ladegerät, Radio, Trinkwasser, Snacks, Kleidung zum Wechseln, etc.
Informationsquellen und Warnmittel vorbereiten
In Deutschland alarmieren die Behörden im Ernstfall über Warn-Apps, Radio, Fernsehen und Sirenen. Installieren Sie am besten jetzt gleich die NINA-Warn-App (Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes) auf Ihrem Smartphone. Diese App warnt vor unterschiedlichsten Gefahrenlagen, von Großbränden bis zu Chemieunfällen, und würde auch bei einem Strahlungsereignis Warnmeldungen und Verhaltenshinweise anzeigen. Ebenfalls hilfreich sind die Apps Katwarn und BIWAPP, sowie die WarnWetter-App (für Wettergefahren, indirekt nützlich z.B. um Windrichtung bei einem chemischen Unfall einzuschätzen). Prüfen Sie, ob Ihre Gemeinde Sirenen als Warnsignal nutzt – und lernen Sie die Sirenen-Töne: Ein auf- und abschwellender Heulton von 1 Minute bedeutet meist „Radio einschalten und schützenden Raum aufsuchen“ (Gefahralarm), während ein Dauerton Entwarnung signalisiert. Bewahren Sie ein batteriebetriebenes oder handkurbelbetriebenes Radio auf, damit Sie Warnmeldungen empfangen können, auch wenn der Strom ausfällt. Stellen Sie sicher, dass Sie ausreichend Batterien vorrätig haben oder einen Akku mit Kurbel/Solarfunktion (siehe Produktempfehlungen unten). Halten Sie zudem eine Liste wichtiger Telefonnummern bereit (Notruf 112, Polizei 110, Giftnotruf, Hausarzt, Angehörige).
Planung mit der Familie und Nachbarn
Besprechen Sie innerhalb der Familie, was im Notfall zu tun ist. Üben Sie einfache Abläufe: z. B. Wer schaltet Lüftungen aus? Wer holt die Haustiere rein? Legen Sie einen Treffpunkt fest, falls ein Ereignis tagsüber passiert und nicht alle zu Hause sind (oder überlegen Sie, wer die Kinder von der Schule abholt, etc.). Beziehen Sie Nachbarn – besonders Senioren oder Personen mit Behinderung – in Ihre Planungen ein. In einem Ernstfall kann gegenseitige Hilfe lebenswichtig sein: Informieren Sie Nachbarn, die Warnungen vielleicht nicht über Handy erhalten oder Sprachschwierigkeiten haben, und unterstützen Sie einander. Gerade in Risikogebieten (etwa Gemeinden in der Nähe grenznaher Kernkraftwerke oder in Umfeld von Forschungsanlagen) lohnt es sich, solche Pläne gemeinsam zu machen.

3 Was tun im Ernstfall? Verhalten während Strahlungsnotfällen
Wenn tatsächlich eine Warnung vor erhöhter radioaktiver Strahlung ausgegeben wird – sei es durch Sirenenalarm, Warn-App oder Durchsagen – heißt es ruhig bleiben und zügig handeln. Ihre wichtigste Maßnahme lautet: Aufenthalt in geschützten Räumen suchen und kontaminationsarme Umgebung schaffen. Im Detail sollten Sie folgendes tun:
Sofort ins Haus oder in ein festes Gebäude gehen
Befinden Sie sich im Freien, suchen Sie so schnell wie möglich geschlossenen Schutz. Bleiben Sie nicht draußen! Gebäude bieten einen erheblichen Schutz vor Strahlung, vor allem vor radioaktivem Staub (Fallout). Je dicker die Wände und je weniger Fenster, desto besser. Falls Sie bereits drinnen sind, bleiben Sie dort. Informieren Sie auch andere in Ihrer Umgebung (rufen Sie z.B. Kinder aus dem Garten rein, holen Sie Nachbarn ins Boot). Denken Sie an Haustiere: Holen Sie Ihre Tiere ins Haus, bevor Sie alles verriegeln.
Fenster und Türen schließen, Lüftungen ausschalten
Schließen Sie alle Fenster, Türen und Luken dicht. Schalten Sie Klimaanlagen, Belüftungsanlagen oder Lüftungsschlitze ab, damit keine Außenluft hereingezogen wird. Nutzen Sie ggf. Ihr vorbereitetes Klebeband und Folien, um Türspalten, Fensterrahmen, Abluftöffnungen etc. provisorisch abzudichten. So verhindern Sie, dass radioaktive Partikel in den Innenraum gelangen. Wenn möglich, begeben Sie sich in den vorbereiteten Schutzraum (z. B. Keller oder innenliegendes Zimmer). Je mehr Wände zwischen Ihnen und der Außenumgebung, desto besser der Strahlenschutz.
Medien einschalten und behördliche Anweisungen befolgen
Schalten Sie sofort Ihr Radio ein (z. B. Deutschlandfunk oder den lokalen Sender). Über Radio und Warn-Apps erhalten Sie nun offizielle Verhaltenshinweise. Folgen Sie strikt den Empfehlungen der Behörden. Diese könnten z. B. Anweisungen geben, Jodtabletten einzunehmen, aber nur wenn nötig. Oder es werden Informationen zur voraussichtlichen Dauer des Alarms gegeben. Nutzen Sie bevorzugt öffentlich-rechtliche Sender, da diese im Krisenfall amtliche Durchsagen verbreiten. Bleiben Sie informiert, bis Entwarnung gegeben wird. Verwenden Sie möglichst ein Batterieradio oder Ihr Handy (aber achten Sie darauf, dass der Akku hält – nutzen Sie sparsam oder hängen Sie es an eine Powerbank).
Im Schutzraum bleiben, nicht unnötig bewegen
Bleiben Sie im Inneren, bis zur Entwarnung. Vermeiden Sie es, nach draußen zu gehen, solange die Gefahr nicht vorbei ist. In den meisten Fällen dauert der akute Strahlungsdurchzug nur Stunden bis wenige Tage – diese Zeit müssen Sie überbrücken. Machen Sie es sich im Schutzraum so bequem wie möglich. Trinken und essen Sie von Ihrem Notvorrat, aber zur Sicherheit nichts, was draußen gelegen hat (Obst/Gemüse aus dem Garten erst nach Entwarnung wieder verwenden, siehe Nachsorge). Telefonieren Sie nur, wenn dringend nötig, um die Netze nicht zu überlasten – informieren Sie kurz Angehörige über Ihre Situation und verfolgen Sie dann wieder die Meldungen.
Wenn Sie vom Freien herein kommen
Sollten Sie sich zum Zeitpunkt des Alarms im Freien aufgehalten haben, ziehen Sie sofort beim Betreten des Hauses Ihre äußere Kleidung und Schuhe aus, am besten noch vor der Wohnungstür (z. B. im Flur/Gang). Diese könnten radioaktiven Staub enthalten. Legen Sie die Kleidung möglichst in eine Plastiktüte oder einen Behälter und stellen Sie ihn weit weg vom Aufenthaltsraum (z.B. in einen Abstellraum, Keller oder nach draußen, falls erreichbar). Waschen Sie freiliegende Haut mit einem feuchten Tuch ab. Duschen Sie möglichst sofort gründlich und waschen Sie Haare und Körper mit Shampoo/Duschgel, um mögliche radioaktive Partikel von der Haut zu entfernen. Dies reduziert die Kontamination erheblich. (Mehr dazu im Nachsorge-Abschnitt.) Wenn mehrere Personen betroffen sind, helfen Sie einander dabei, ohne selbst zusätzlichen Staub aufzuwirbeln.
Kinder und Hilfsbedürftige betreuen
Achten Sie darauf, dass insbesondere Kinder beruhigt und beschäftigt sind. Erklären Sie in einfachen Worten, dass sie drinnen bleiben müssen, weil draußen etwas Gefährliches in der Luft ist, das aber wieder vorübergeht. Lenken Sie sie mit Spielen oder Geschichten ab. Hilfsbedürftige oder kranke Personen benötigen unter Umständen Unterstützung bei all den Maßnahmen (Fenster schließen, waschen etc.). Versuchen Sie, hier zu helfen oder holen Sie Hilfe per Telefon, falls vorhanden und falls gefahrlos möglich.
Evakuierungsanweisungen beachten
In sehr ernsten Strahlungsnotfällen könnten Behörden auch eine Evakuierung bestimmter Gebiete anordnen. Dies würde über Radio/Apps/Sirenen bekannt gegeben. Folgen Sie solchen Aufforderungen unverzüglich, aber geordnet. Nehmen Sie Ihren vorbereiteten Notfallrucksack mit den wichtigsten Dingen mit, schalten Sie alle Geräte im Haus aus, schließen Sie das Haus ab und begeben Sie sich auf den angegebenen Fluchtweg oder zum Sammelpunkt. Wichtig: Verlassen Sie die Schutzeinrichtung erst, wenn Sie dazu aufgefordert werden. Oftmals ist Drinnenbleiben die bessere Schutzmaßnahme (Stichwort: „Shelter in place“), weil das Verlassen des Hauses Sie der Strahlung aussetzt. Evakuierungen werden nur veranlasst, wenn längerfristige hohe Belastungen drohen oder sichere Zeitfenster dafür bestehen. Vertrauen Sie hier auf die Experten und überstürzen Sie nichts ohne Anweisung.
Zusammengefasst
Verhalten bei einem Strahlenunfall bedeutet in erster Linie Schutz suchen, abdichten, informieren und abwarten. Diese Grundregeln – oft zusammengefasst als „hinein – drinnen bleiben – Informationen abwarten“ – erhöhen Ihre Sicherheit erheblich. Im nächsten Abschnitt geht es darum, was nach Abklingen der akuten Gefahr zu tun ist (Dekontamination und Nachsorge).
4 Verhalten nach einem Strahlungsnotfall – Dekontamination, medizinische Hilfe, Rückkehr-Checkliste
Ist die akute Gefahr vorbei und geben die Behörden Entwarnung, beginnt die Phase der Nachsorge. Jetzt heißt es, mögliche Kontaminationen zu beseitigen und Gesundheitsschäden vorzubeugen. Folgendes sollten Sie nach einem Strahlungsnotfall beachten:
Warten Sie die offizielle Entwarnung ab
Erst wenn von amtlicher Seite Entwarnung gegeben wird (z.B. durch Sirenensignal „Entwarnung“ und entsprechende Meldungen über Radio/NINA), sollten Sie davon ausgehen, dass keine neue radioaktive Freisetzung mehr erfolgt. In der Entwarnungsdurchsage erfahren Sie in der Regel auch, ob es weiterhin Bereiche gibt, die gemieden werden sollen, oder ob bestimmte Schutzmaßnahmen fortzuführen sind. Hören Sie aufmerksam zu und notieren Sie sich wichtige Punkte.
Dekontamination von Personen
Sollten Sie oder Familienmitglieder während des Vorfalls draußen gewesen sein oder Kontakt mit heruntergefallener radioaktiver Asche/Staub (Fallout) gehabt haben, steht jetzt die gründliche Reinigung an. Idealerweise haben Sie schon beim Reinholen Kleidung und Schuhe ausgezogen. Diese können Sie – falls noch nicht geschehen – jetzt in Plastiksäcken verpacken und bis zur fachgerechten Entsorgung beiseitestellen. Duschen Sie nochmals alle gründlich ab. Waschen Sie Haare (denn dort lagern sich Partikel gerne ab), Körper und auch Hilfsmittel wie Brillen. Achten Sie darauf, keine Hautstellen zu vergessen (Ohren, Nägel, etc.). Kinder und Haustiere sollten ebenfalls abgebraust/abgewaschen werden, sofern sie draußen waren. Das Ziel ist, jeglichen Rückstand radioaktiven Materials zu entfernen. Hinweis: Radioaktivität kann man nicht sehen, riechen oder schmecken – daher lieber einmal mehr waschen als einmal zu wenig.
Dekontamination der Wohnung/Haus
Bevor Sie zur Normalität übergehen, sollten Sie Ihre unmittelbare Umgebung säubern, falls radioaktive Partikel ins Haus gelangt sein könnten (z. B. durch Schuhe, Kleidung oder durch Lüftung vor dem Abdichten). Reinigen Sie Böden und Oberflächen feucht: Wischen Sie Möbel, Fensterbretter und Fußböden mit einem feuchten Tuch oder Mopp ab, damit Staub gebunden wird. Staubaufwirbeln ist unbedingt zu vermeiden – also nicht trocken fegen oder kräftig staubsaugen, da dies Partikel nur erneut verteilen würde. Teppiche können Sie vorsichtig absaugen (mit gutem Filter) oder noch besser nass reinigen. Kleidung, die offen herumhing, sowie Bettwäsche können Sie in der Waschmaschine waschen. Wenn Sie einen Garten haben: Dort liegende Gegenstände (Kinderspielzeug, Sitzpolster, etc.) sollten Sie ebenfalls mit Wasserschlauch abspülen. Sandkästen für Kinder deckt man idealerweise vorher ab – falls nicht, überlegen Sie, den Sand auszutauschen, da sich dort Partikel abgesetzt haben könnten. Tragen Sie bei der Reinigung nach Möglichkeit Handschuhe und eine einfache Atemschutzmaske (FFP2/FFP3), um Kontakt mit eventueller Restverschmutzung zu minimieren. Sammeln Sie die beim Putzen verwendeten Lappen, Wischtücher und Einwegkleidung und packen Sie sie separat ein, bis eine Entsorgung geklärt ist.
Lebensmittel und Wasser
Hören Sie auf die Behördenhinweise bezüglich Lebensmittelverzehr. In der Regel gilt: Kein frisches Obst oder Gemüse aus dem Garten essen, bis es geprüft oder freigegeben ist. Waschen und schälen Sie vorhandenes Gemüse/Obst gründlich oder meiden Sie es vorerst. Auch offene Regentonnen oder Brunnenwasser könnten kontaminiert sein – nutzen Sie stattdessen Ihren Notvorrat an sauberem Wasser, bis klar ist, dass Leitungs- oder Brunnenwasser sicher ist. Die Wasserversorger werden Analysen durchführen und veröffentlichen, ob Trinkwasser betroffen ist. Konservendosen und Lebensmittel in geschlossenen Behältern sind in der Regel unbedenklich, sollten aber vor dem Öffnen von außen abgewischt werden. Milch von Tieren (Kühe, Ziegen) in betroffenen Regionen dürfte zeitweise nicht konsumiert werden – hier wird es meist Verkaufsverbote geben, bis die Werte wieder normal sind (bei Tschernobyl war z.B. über Wochen erhöhte Radioaktivität in Milch und Pilzen messbar).
Gesundheitlich vorsorgen
Nach einem Strahlungsnotfall, vor allem wenn man in einer stärker betroffenen Zone war, ist es sinnvoll, einen medizinischen Check durchführen zu lassen. Das gilt insbesondere, wenn Sie Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Hautrötungen oder extreme Müdigkeit verspüren (könnten Anzeichen einer Strahlenexposition sein). Wenden Sie sich an Ihren Hausarzt oder an die von der Behörde genannten medizinischen Anlaufstellen. Bei großflächigen Ereignissen könnten spezielle Screening-Zentren eingerichtet werden, wo Bürger auf Kontamination oder Strahlenschäden untersucht werden. Haben Sie Jodtabletten eingenommen, informieren Sie bei nächster Gelegenheit Ihren Arzt, damit er/sie das in Ihrem Gesundheitsprofil notiert. Personen über 40, die trotz Empfehlung Jod eingenommen haben, sollten ihre Schilddrüse später kontrollieren lassen. Generell gilt: Die meisten akuten Strahlenschäden treten nur bei sehr hoher Dosis auf (was in einem deutschen Szenario unwahrscheinlich ist). Psychische Belastungen (Stress, Angst) sind aber normal – zögern Sie nicht, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie das Erlebte stark belastet.
Rückkehr-Checkliste (falls evakuiert wurde)
Mussten Sie Ihr Zuhause aufgrund einer Evakuierung verlassen, kehren Sie nur dann zurück, wenn die Behörden es erlauben. Nutzen Sie folgende Checkliste bei der Rückkehr in Ihr Haus nach einem Strahlenunfall:
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Freigabe prüfen: Ist Ihre Wohngegend offiziell für die Rückkehr freigegeben? (Behörden informieren darüber, ggf. stehen Sperrgebiet-Schilder an betroffenen Straßen.)
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Schutzausrüstung mitnehmen: Ziehen Sie für die erste Begehung Einweghandschuhe, feste Schuhe und evtl. einen Mund-Nasen-Schutz (FFP2/3) an, falls noch Staub liegt. Öffnen Sie beim Betreten alle Fenster zum Lüften (falls die Luft nun sauber ist – das wird in der Entwarnung mitgeteilt).
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Haus inspizieren: Prüfen Sie, ob das Haus Schäden aufweist (vielleicht war es lange unbeaufsichtigt). Achten Sie dabei auch auf eventuelle Kontaminationsspuren: z.B. Staubablagerungen auf Fensterbänken innen.
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Reinigung: Führen Sie die oben beschriebene Dekontaminationsreinigung durch, falls das noch nicht geschehen ist oder falls in Ihrer Abwesenheit Staub eindringen konnte. Feucht wischen, Textilien waschen etc., bevor Sie wieder normal einziehen.
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Lebensmittel entsorgen: Entsorgen Sie offen gelagerte Lebensmittel, die während des Ereignisses im Freien oder in durchlüfteten Räumen standen (z. B. offenes Gemüse, Obst, Brot). Geschlossene Konserven und verpackte Lebensmittel sollten okay sein – reinigen Sie sie äußerlich. Wenn Sie einen Kühlschrank ausgeschaltet hatten, prüfen Sie den Inhalt auf Genießbarkeit.
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Garten und Umgebung: Entfernen Sie die oberste Erdschicht in kleinen bepflanzten Beeten, wenn starke Kontamination bekannt war, oder ersetzen Sie Sand in Sandkästen (wie oben erwähnt). Tragen Sie dabei Handschuhe/Maske. Sammeln Sie Falllaub, wo sich Partikel abgesetzt haben könnten, und entsorgen Sie es als Restmüll (nicht auf den Kompost).
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Weiter informiert bleiben: Selbst nach Entwarnung kann es weitere Hinweise geben (z.B. spätere Messungen der Bodenbelastung). Bleiben Sie daher informiert über lokale Nachrichten oder Websites der Strahlenschutzbehörden. Befolgen Sie langfristige Empfehlungen, z.B. Einschränkungen beim Verzehr bestimmter Lebensmittel aus eigener Herstellung (Garten, Pilzesammeln im Wald) – solche Hinweise werden bei Bedarf ausgesprochen.
Lernen für die Zukunft
Nach der akuten Phase lohnt es sich, das Ereignis im Nachhinein zu analysieren: War ich ausreichend vorbereitet? Habe ich alles Wichtige im Haus gehabt? Nutzen Sie die Erfahrung, um Ihre Notfallvorsorge ggf. zu verbessern. Aktualisieren Sie Ihren Notfallrucksack, ersetzen Sie verbrauchte Vorräte. Sprechen Sie auch mit Ihren Kindern über das Erlebte, um ihre Ängste abzubauen und sie kindgerecht weiter aufzuklären, was Strahlung ist und wie man sich schützt.
Abschließend sei betont
Strahlungsnotfälle sind ernst, aber mit der richtigen Vorsorge, dem richtigen Verhalten im Ernstfall und den richtigen Nachsorgemaßnahmen können Sie das Risiko für Ihre Gesundheit deutlich reduzieren. Bleiben Sie aufmerksam, aber gelassen – Behörden und Experten in Deutschland sind darauf trainiert, mit solchen Situationen umzugehen. Mit einem gut informierten und vorbereiteten Bürger an ihrer Seite wird der Bevölkerungsschutz noch effektiver funktionieren.