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ERDRUTSCHE & LAWINEN

Erdrutsche & Lawinen - Eine Gefahr für jeden

Ein Hangrutsch unterhalb der Burg in Eilenburg (Sachsen) nach starkem Regen 2011 – auch abseits der Alpen sind solche Erdrutsche möglich. Naturgefahren wie Erdrutsche und Lawinen treten nicht nur in abgelegenen Bergtälern auf – sie können prinzipiell jede Region in Deutschland treffen, sei es an Hängen in Mittelgebirgen oder in den Alpen. Durch den Klimawandel erwarten Experten vermehrt extreme Wetterereignisse, was das Risiko für Hangrutsche und Lawinen erhöhen könnte. Diese Naturgewalten entwickeln enorme Kräfte und kommen oft plötzlich: Wer sich rechtzeitig informiert und vorbereitet, kann jedoch Schäden begrenzen und im Ernstfall Leben retten. Dieser Ratgeber klärt über Risiken und Eigenvorsorge auf und dient als Checkliste Naturgefahren, damit Sie und Ihre Familie im Notfall richtig handeln – vorher, während und nach einem Erdrutsch oder einer Lawine:​

Erklärung

1.1 Ursachen und Formen von Erdrutschen

Erdrutsche und Lawinen zählen zu den sogenannten gravitativen Massenbewegungen – also Massen aus Erde, Fels, Schlamm oder Schnee, die durch die Schwerkraft ins Rutschen geraten. Die Ursachen sind vielfältig: Intensive Regenfälle, Schneeschmelze, instabile Bodenstrukturen, Abholzung oder Bauarbeiten am Hang können einen Abgang auslösen. Oft treten Ereignisse dort auf, wo es bereits früher zu Rutschungen kam. Im Folgenden ein Überblick über wichtige Formen:

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Hangrutsch (Rutschung)

Abrutschen von Erd- oder Felsmassen an einem Hang. Ursache sind meist aufgeweichter Boden durch Starkregen oder eine Unterspülung. Auch in Mittelgebirgen oder an Flussufern können Hangrutsche auftreten – teils langsam kriechend, teils plötzlich und zerstörerisch. Zeichen wie neu auftretende Risse im Boden oder schief stehende Bäume können einen Hangrutsch ankündigen.

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Mure (Schlamm- und Schuttstrom)

Eine Sonderform des Erdrutsches, bei der ein Gemisch aus Wasser, Schlamm, Geröll und Holz mit hoher Geschwindigkeit talwärts fließt. Muren treten oft ohne Vorwarnzeit in steilen Gebirgstälern auf, z.B. nach cloudburstartigen Regenfällen. Sie können Gebäude wegreißen und Straßen verschütten.

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Steinschlag und Felssturz

Lösen sich einzelne Felsbrocken (Steinschlag) oder ganze Felspartien (Felssturz/Bergsturz) von einer steilen Wand, fallen sie nahezu ungebremst ins Tal. Schon ab ca. 30° Hangneigung besteht ernste Steinschlaggefahr. Felsstürze treten ohne Vorwarnung auf und entwickeln enorme Aufprallenergie. In Deutschland sind sie vor allem in alpinen Lagen und Mittelgebirgs-Felswänden relevant.

1.2 Ursachen und Formen von Lawinen

Eine Lawine ist ein rapide talwärts fließendes Schneemassenereignis. Lawinen entstehen, wenn die Schneedecke instabil wird – etwa durch Neuschnee, Regen auf Schnee oder Temperaturanstieg – und sich löst. In deutschen Alpenregionen (z.B. Bayern) warnt im Winter der Lawinenwarndienst vor erhöhter Lawinengefahr. Lawinenarten umfassen:

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Schneebrettlawine (Brettlawine)

Hier bricht ein zusammenhängendes Schneebrett entlang einer Schwachschicht und rutscht als großes Feld ab. Schneebretter werden oft von Skifahrern ausgelöst, können aber auch spontan abgehen. Sie machen einen charakteristischen Anriss mit einer Abrisskante sichtbar.

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Lockerschneelawine

Beginnt punktuell (meist an der Oberfläche von lockerem Neuschnee) und fächert sich zu einem immer breiter werdenden Strom aus. Diese Lawinen sehen aus wie ein nach unten breiter werdendes Dreieck aus rutschendem Schnee. Sie sind oft kleiner als Schneebretter, treten aber bei ausreichend steilem Gelände und viel Neuschnee schnell auf.

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Nassschnee- vs. Trockenschneelawine

Eine Nassschneelawine entsteht bei durchfeuchtetem, schwerem Schnee (zum Beispiel durch Regen oder Tauwetter); sie gleitet langsamer, aber mit großer Masse talwärts. Eine Trockenschneelawine (oft Staublawine genannt) besteht aus pulverigem, kaltem Schnee und kann sehr schnell werden – oft bildet sich eine riesige Staubwolke aus Schnee. Beide Typen können große Zerstörungskraft entfalten. Bei Trockenschnee treten häufiger Staublawinen auf, die Luft mitreißen und auch ebene Gebiete erreichen können.

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Frische Lawine in den Alpen

Gut erkennbar ist die Anrisskante am Oberhang und das ausgebrochene Schneebrett mit den zerbrochenen Schneeblöcken im Auslauf. Lawinen werden typischerweise ab Lawinenwarnstufe 3 (erheblich) aufwärts kritisch – ab dann kann bereits ein einzelner Wintersportler ein Schneebrett auslösen. Steiles, schneebedecktes Gelände (meist 30°+ Hangneigung) ist die Grundvoraussetzung. Schneebretter reißen häufig an kammnahen Ost- oder Südwesthängen, wo Wind Triebschnee verfrachtet hat. Trigger können Skifahrer, Sprengungen oder auch spontan Spannungsbrüche in der Schneedecke sein.

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Ursachen zusammengefasst

Wo Wasser Boden lockert oder geologische Schwachstellen existieren, kann Erdmaterial abrutschen. Risikofaktoren sind u.a. anhaltender Starkregen, plötzliche Schneeschmelze, Erdbeben (selten in Deutschland) oder menschliche Eingriffe (Erdabtrag am Hang, undichte Wasserleitungen etc.).

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Vorbereitung

Vorbeugende Maßnahmen zu Hause und im Alltag

Nicht alle Naturgefahren lassen sich verhindern – doch jeder kann Vorsorgemaßnahmen treffen, um das Risiko zu mindern und Schäden zu begrenzen. Eigenvorsorge bedeutet: sich informieren, baulich vorsorgen und für den Notfall planen. Hier einige wichtige vorbeugende Schritte:

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​Gefährdungsgebiet kennen (Naturgefahrenkarten)

Informieren Sie sich, ob Ihr Wohnort in einem Risiko-Gebiet liegt. Es gibt regionale Naturgefahrenkarten oder Gefahrenzonenpläne, die Hangrutsch- und Lawinengefährdung ausweisen. Erfahrungsgemäß treten Ereignisse oft dort auf, wo früher schon ähnliche Rutschungen oder Lawinen waren. Fragen Sie bei Ihrer Gemeinde oder schauen Sie in Online-Karten (z.B. Umweltministerien der Länder). Meiden Sie wenn möglich bekannte Gefahrenzonen bei Neubau oder Hauskauf – das ist der beste Schutz.

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Baulicher Schutz am Gebäude

Falls Ihr Haus am Hang steht, prüfen Sie technische Schutzmaßnahmen. Stabilisieren Sie gefährdete Böschungen durch Terrassierung, Stützmauern oder Böschungsnetze (lassen Sie sich dazu von Geotechnik-Fachleuten beraten). Sorgen Sie für gute Drainage am Hang, damit Regenwasser kontrolliert abfließen kann und den Hang nicht aufweicht. In Lawinenabflussbereichen können Lawinenverbauungen oder Auffangdämme (üblicherweise Aufgabe der Gemeinde/Wildbachverbauung) Schutz bieten – erkundigen Sie sich bei Ihrer Kommune, was bereits vorhanden ist. Halten Sie ggf. Steinschlagschutzgitter oder Holzzäune instand, falls solche auf Ihrem Grundstück stehen.

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Hangpflege und Grundstückssicherung

Achten Sie auf Ihren Hang: Entfernen Sie lose, größere Steine und Totholz, die im Falle eines Abrutschens gefährlich werden könnten. Bepflanzen Sie Böschungen mit tiefwurzelnden Gehölzen – die Wurzeln geben dem Erdreich Halt. Graben Sie nicht leichtfertig am Fuß von Steilhängen (z.B. für Gartenarbeiten), ohne das Erdreich abzustützen. Regenwasser von Dächern und Hof sollte nicht unkontrolliert den Hang hinunterlaufen – leiten Sie es in Abflüsse oder Regenfässer.

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Früh warnen lassen (Apps und Warnsysteme)

Nutzen Sie die Angebote der offiziellen Warndienste. Laden Sie sich z.B. die NINA-App (Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes) aufs Smartphone. Diese warnt deutschlandweit vor Gefahrenlagen wie Unwettern, Hochwasser und anderen Katastrophen. Auch Lawinenwarndienste (z.B. in Bayern) bieten Apps oder SMS-Newsletter. Zusätzlich können Sie die Website warnung.bund.de abonnieren, die alle aktuellen Warnmeldungen anzeigt. Aktivieren Sie auf Ihrem Handy amtliche Warnmeldungen und achten Sie auf Unwetterwarnungen des DWD (Deutscher Wetterdienst). So erfahren Sie frühzeitig von z.B. Starkregen oder Lawinengefahr und können rechtzeitig handeln (z.B. Reisen verschieben, Vorbereitungen treffen).

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Notfallplan und Notfallgepäck

Besprechen Sie innerhalb der Familie einen Notfallplan: Wie verhaltet ihr euch, wenn plötzlich ein Hang rutscht oder eine Lawine niedergeht? Legen Sie sichere Treffpunkte fest (z.B. höher gelegene Punkte in der Nähe). Halten Sie ein Notfallgepäck bereit – einen Rucksack mit dem Nötigsten (Trinkwasser, Taschenlampe, Erste-Hilfe-Set, wichtiges Dokumentenkopien, etwas Kleidung, Notration etc.), um im Ernstfall sofort flüchten zu können. Eine Notfall-Checkliste kann helfen, nichts zu vergessen (siehe Abschnitt Produktempfehlungen weiter unten für Beispiele). Prüfen Sie auch Ihre Haustechnik: Haben Sie einen batteriebetriebenen Radioempfänger, um Warnungen zu hören, falls Strom und Internet ausfallen? Ein Kurbelradio mit Solarfunktion ist ideal, um unabhängig Nachrichten zu empfangen.

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Elementarschadenversicherung abschließen

Prüfen Sie Ihren Versicherungsschutz. Normale Wohngebäude- und Hausratversicherungen decken Erdrutsch, Lawinen, Schneedruck und ähnliche Naturgefahren oft nicht standardmäßig ab. Hierzu braucht es eine erweiterte Naturgefahrendeckung, die sogenannte Elementarschadenversicherung. Sie sollten sowohl Ihr Haus/Wohnung als auch den Hausrat gegen solche Elementarschäden absichern. Eine solche Versicherung kommt z.B. für durch Hangrutsch beschädigte Fundamente oder von Lawinen zerstörte Dächer auf. Hinweis: In manchen risikoreichen Gegenden kann es Einschränkungen geben – sprechen Sie mit Ihrem Versicherer.

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Beobachten und Ernstnehmen

Achten Sie bei Dauerregen oder starker Schneebelastung verstärkt auf Ihre Umgebung. Knacken im Gebälk, neue Risse in Wänden oder Bodenabsenkungen können Warnsignale vor einem Hangrutsch am Haus sein. Im Winter deuten laute Wumm-Geräusche oder Risse in der Schneedecke in Hangnähe auf Lawinengefahr hin. Nehmen Sie amtliche Evakuierungsanordnungen unbedingt ernst – Ihre Sicherheit geht vor. Und: Halten Sie wichtige Notrufnummern bereit (Feuerwehr/Rettung 112, Polizei 110). Frühzeitige Eigenvorsorge ist entscheidend, denn bei plötzlich eintretenden Massenbewegungen bleibt oft keine Zeit mehr zu reagieren.

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Während der Flut

3.1 Was tun im Ernstfall? Verhalten bei Erdrutsch

Wenn sich tatsächlich ein Erdrutsch oder eine Lawine ereignet, zählt jede Sekunde. Ruhe bewahren und überlegt handeln ist jetzt wichtig – aber auch entschlossenes Handeln, um sich und andere in Sicherheit zu bringen. Hier die wichtigsten Verhaltensregeln während und unmittelbar vor einem Ereignis (falls Vorwarnzeichen da sind).

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Warnzeichen erkennen und sofort reagieren

Bei Anzeichen wie ungewöhnlichem Grollen, plötzlich auftretenden Rissen im Boden oder im Haus, bebendem Boden oder Geräuschen brechender Bäume sofort den Bereich verlassen! Zögern Sie nicht – wenn der Hang kommt, ist es zu spät zur Flucht. Wecken Sie ggf. Mitbewohner/Nachbarn auch nachts (viele Hangrutsch-Todesfälle passieren, wenn Menschen im Schlaf überrascht werden).

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In Sicherheit bringen

Versuchen Sie, sich quer zum Hang bzw. seitlich aus der Linie des rutschenden Materials zu bewegen, nicht bergab. Suchen Sie sofort höher gelegenes, stabiles Terrain auf – bewegen Sie sich so schnell wie möglich bergauf außerhalb der Absturzbahn. Meiden Sie Senken und Täler, in denen sich Schlammmassen sammeln könnten. Wenn Sie in einem Talgrund nahe eines Bachs sind und plötzlich das Wasser stark ansteigt oder von klar zu schlammig wechselt, kann oberhalb ein Erdrutsch/Mure im Gange sein – bringen Sie sich umgehend in Sicherheit weg vom Bachlauf.

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Im Gebäude Schutz suchen (wenn Flucht nicht möglich)

Sollte ein sofortiges Verlassen des Hauses nicht mehr machbar sein, begeben Sie sich möglichst in höhere Stockwerke und halten Sie Abstand zur hangseitigen Wand. Gehen Sie weg von Fenstern, da Erd- und Geröllmassen diese durchschlagen könnten. Im Idealfall flüchten Sie vor dem Eintreffen der Rutschung ins Freie – warten Sie nicht ab, falls sich die Wände verformen oder Geräusche zu hören sind.

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Im Auto unterwegs

Fahren Sie bei Starkregen oder Erdbewegungen auf keinen Fall in einen bereits abgehenden Erdrutsch hinein. Halten Sie an, drehen Sie um, oder steigen Sie aus und retten Sie sich auf höheres Gelände, wenn ein Erdrutsch die Straße erfasst. Fahren Sie niemals durch fließende Schlamm- oder Wassermassen auf der Fahrbahn – schon 30 cm Tiefe können ein Fahrzeug mitreißen. Meiden Sie Brücken, wenn ein Murenstrom naht, da Brücken weggespült werden können.

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Notruf absetzen

Sobald Sie in Sicherheit sind (oder bereits währenddessen, falls Sie ein Handy griffbereit haben), rufen Sie 112 an und schildern Sie kurz: „Hangrutsch – [Ort] – Menschen in Gefahr“. Warnen Sie andere in der Umgebung, ohne sich selbst zu gefährden. Wenn Personen verschüttet wurden, geben Sie das an. Bleiben Sie anschließend erreichbar für Rückfragen. Die Rettungskräfte werden den Gefahrenbereich zunächst absichern, bevor Hilfe kommt – gehen Sie selbst nicht zurück in den Rutschbereich, um jemanden zu retten, außer es besteht unmittelbare Lebensgefahr und Sie haben eine Sicherung (z.B. angeleint). Ihre eigene Sicherheit hat Vorrang, um nicht weitere Opfer zu fordern.

3.2 Verhalten bei Lawinen

Lawinenwarnungen beachten
Vermeiden Sie es, überhaupt in eine Lawine zu geraten. Hören Sie auf Lawinenwarndienste und meiden Sie gesperrte Hänge. Wenn vor Ort Lawinengefahrstufen ausgegeben sind (1 gering bis 5 sehr groß), planen Sie Ihre Aktivitäten entsprechend. Bei Stufe 4 oder 5 sollten Sie steiles Gelände unbedingt meiden.


Lawine beobachten und ausweichen
Wenn Sie draußen unterwegs sind und eine Lawine löst sich oberhalb, versuchen Sie sofort, der Bahn auszuweichen. Laufen Sie seitlich aus der Lawinenlinie heraus, sofern das Gelände es erlaubt, oder suchen Sie Schutz hinter einem Felsen. Schreien Sie Warnungen an andere. Wenn möglich, halten Sie sich an einem stabilen Objekt fest (Baum, Fels). Jede Sekunde zählt, denn Lawinen erreichen schnell große Geschwindigkeit.

Falls Sie mitgerissen werden
Lösen Sie wenn möglich Ihre Skibindungen und werfen Sie Stöcke oder schweren Rucksack ab, um nicht nach unten gezogen zu werden. Kämpfen Sie gegen das Versinken an – „schwimmen“ Sie in der Lawine durch Paddel- und Schwimmbewegungen, um an der Oberfläche zu bleiben (ähnlich wie gegen den Strom schwimmen). Versuchen Sie, eine Atemhöhle vor Ihrem Gesicht zu schaffen, indem Sie einen Arm oder Ihre Hände schützend vor Mund und Nase halten, bevor der Schneestrom zur Ruhe kommt. Diese Lufttasche kann überlebenswichtig sein.

Verschüttet liegen
Sobald die Lawine stoppt, härtet der Schnee zementartig aus. Bewahren Sie Ruhe und sparen Sie Luft. Wenn Sie wissen, dass Sie nahe der Oberfläche sind (Licht wahrnehmen oder Arm ragt heraus), versuchen Sie, sich bemerkbar zu machen: Bewegen Sie etwas oder nutzen Sie eine Trillerpfeife (daher gehört eine Signalpfeife an den Reißverschluss Ihrer Jacke). Rufen ist auch eine Option – allerdings dringt Schall nur wenig durch den Schnee. Warten Sie auf Hilfe. Die ersten 15 Minuten sind kritisch, da die Überlebenschance dann am höchsten – zum Glück sind meist Ihre Begleiter oder andere in der Nähe.

Kameradenrettung und Notruf
Begleiter von Lawinenopfern müssen sofort handeln! Ist jemand verschüttet, alarmieren Sie umgehend 112 (in den Alpen auch Bergrettungs-Notruf; europaweit funktioniert 112 in jedem verfügbaren Netz). Parallel dazu beginnen Sie mit der Kameradenrettung – d.h. verschüttete Personen mit Lawinensuchgerät (LVS) orten, sondieren und ausgraben, soweit es gefahrlos möglich ist. Jede Minute zählt. Gehen Sie wie folgt vor: Schalten Sie Ihr LVS-Gerät auf Empfang und folgen Sie dem Signal zum Verschüttungspunkt. Setzen Sie die Lawinensonde ein, um die Person punktgenau zu lokalisieren. Dann graben Sie mit Ihrer Lawinenschaufel schnell aber vorsichtig die Person frei (Atemwege zuerst). Sichern Sie sich selbst dabei gegen Nachlawinen (ein Posten beobachtet den Hang). Weitere Personen sollen in der Zwischenzeit das Gelände absuchen, ob noch jemand fehlt. Leisten Sie Erste Hilfe, sobald das Opfer freigelegt ist (Atemwege freimachen, Bewusstsein prüfen, bei Bedarf Wiederbelebung). Wichtig: Bringen Sie sich selbst nicht in unnötige Gefahr – große Nachlawinen können jederzeit nachkommen. Nach Eintreffen der Bergrettung unterstützen Sie diese mit Informationen (Anzahl Verschüttete, letzte bekannte Positionen etc.). Die Bergrettungs-Profis übernehmen dann – folgen Sie ihren Anweisungen. Kameradenrettung ist so wichtig, weil organisierte Hilfe oft zu lange braucht, um jemanden lebend zu bergen (in der Regel >15 Minuten). In Lawinenkursen kann man das trainieren – eine dringende Empfehlung für alle, die abseits der Piste unterwegs sind.

Nach der Flut

Nach dem Ereignis – Aufräumen, Sicherheit, psychische Belastung, Dokumentation

Ist der Erdrutsch oder die Lawine vorüber, beginnt die Phase der Erstmaßnahmen nach der Katastrophe. Auch hier gilt es, besonnen vorzugehen und weitere Gefahren zu vermeiden:

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Bereich absichern und fernbleiben

Betreten Sie nicht sofort wieder den direkten Gefahrenbereich. Die Lage kann immer noch kritisch sein – es drohen weitere Nachrutschungen oder Lawinennachgänge. Sperren Sie, falls möglich, den Bereich ab (andere könnten neugierig näherkommen und sich in Gefahr bringen). Warten Sie auf die Rückmeldung von Experten oder Behörden, dass die Stelle sicher ist.

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Überprüfung der Beteiligten

Überprüfen Sie, ob alle Personen wohlauf sind. Rufen Sie einander zu oder nutzen Sie die verabredeten Treffpunkte Ihres Notfallplans. Leisten Sie Verletzten Erste Hilfe. Suchen Sie nach Vermissten nur wenn es sicher ist, und informieren Sie Rettungskräfte über vermisste Personen, damit Suchmaßnahmen eingeleitet werden können. Helfen Sie Nachbarn, soweit möglich, und organisieren Sie sich ggf. als Gemeinschaft, um einander zu unterstützen.

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Behördliche Hilfe und Notdienste

Hören Sie lokale Nachrichten (per Radio, Warn-App oder Lautsprecherdurchsagen) für Verhaltensanweisungen. Folgen Sie den Anweisungen der Einsatzkräfte vor Ort. Melden Sie Gefahren: z.B. gebrochene Gasleitungen, Stromausfälle, beschädigte Straßen – so können Feuerwehr oder Versorger diese schnellstens entschärfen. Wenn Ihr Zuhause betroffen ist, lassen Sie Gebäude von Fachleuten prüfen, bevor Sie es wieder voll nutzen. Die Feuerwehr oder das THW können z.B. beurteilen, ob Einsturzgefahr besteht. Ein Statiker sollte Fundamente und Wände checken, falls ein Hang am Haus abging. Bei Lawinen: Prüfen Sie das Dach und die Konstruktion, bevor Sie wieder einziehen (Schneelast!).

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Aufräumen mit Vorsicht

Tragen Sie beim Aufräumen Schutzkleidung – festes Schuhwerk, Arbeitshandschuhe, ggf. Helm und Staubmaske – um sich vor Schutt, Glas und Staub zu schützen. Räumen Sie zunächst nur das Nötigste, vor allem um Zugänge freizumachen. Holen Sie sich Unterstützung von Feuerwehr oder THW für größere Trümmer oder gefährliche Arbeiten. Achten Sie auf lose Äste oder Steine, die nachrutschen könnten. Besonders bei Erdrutschen: Entfernen Sie nach Freigabe durch Experten instabiles Material zügig und sorgen Sie durch provisorische Abdeckungen oder Drainagen dafür, dass Regen nicht erneut Erosion verursacht. Bei kleineren Hangrutschen auf dem Grundstück kann auch schnelles Bepflanzen oder Abdecken der offenen Erde helfen, um Folgeschäden (z.B. durch nachfolgenden Starkregen) zu verhindern.

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Psychische Betreuung

Unterschätzen Sie nicht die psychische Belastung nach solch einem Ereignis. Es ist normal, wenn Schock, Angst oder Schlafstörungen auftreten. Sprechen Sie mit Ihrer Familie über das Erlebte. Scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen – Kriseninterventionsteams oder Beratungsstellen (z.B. örtliches Rotes Kreuz, telefonische Seelsorge) stehen Betroffenen zur Seite. Besonders Kinder benötigen jetzt viel Sicherheit und Routine. Erklären Sie ihnen sachlich, was passiert ist, und beziehen Sie sie behutsam in die Aufräumarbeiten ein, um das Erlebte zu verarbeiten.

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Dokumentation und Versicherung: Sichern Sie Beweise des Schadens!

Machen Sie ausführliche Fotos von allen zerstörten oder beschädigten Gegenständen und Gebäudeteilen. Schreiben Sie eine Liste der Schäden. Kontaktieren Sie umgehend Ihre Versicherung (Gebäude- und Hausratversicherung mit Elementarschutz) und melden Sie den Schaden. Viele Versicherer entsenden Gutachter – halten Sie dafür alle Unterlagen bereit. Entsorgen Sie beschädigte Dinge nach Möglichkeit erst, nachdem die Versicherung den Schaden aufgenommen hat (oder dokumentieren Sie Entsorgung genau). Falls Ihr Wohnhaus unbewohnbar ist, kümmern Sie sich mit Hilfe der Gemeinde oder Freunde um eine Unterkunft. Notfalls richten Katastrophendienste Sammelunterkünfte ein.

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Aus den Ereignissen lernen

Überlegen Sie, welche Maßnahmen zukünftige Schäden verhindern könnten. Gibt es nun Erkenntnisse über bisher unbekannte Risiken am Hang? Ziehen Sie ggf. Fachleute hinzu, um langfristige Sicherungsmaßnahmen zu planen (etwa Stützwände, Schutznetze oder Geländeumbauten). Eigenvorsorge geht weiter: Aktualisieren Sie Ihren Notfallplan basierend auf den gemachten Erfahrungen.

 

Denken Sie daran:

Die Zeit nach dem Ereignis ist fordernd und stressig, aber Sie sind nicht allein. Bleiben Sie mit Ihren Nachbarn in Kontakt, unterstützen Sie sich gegenseitig. Mit einem guten Notfallplan und Gemeinschaftshilfe lässt sich diese Phase bewältigen. Zögern Sie nicht, Hilfsangebote von Behörden, Versicherern oder psychosozialen Diensten anzunehmen. Ihr Leben und Ihre Gesundheit stehen an erster Stelle – materieller Schaden ist in den meisten Fällen ersetzbar.

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