ANGRIFFE IM ÖFFENTLICHEN RAUM
BIOLOGISCHE GEFÄHRDUNG
1 Warum biologische Gefährdung jeden betrifft
Biologische Gefahren können unerwartet überall auftreten – zu Hause, am Arbeitsplatz oder im Freien. Diese Gefahren umfassen Viren, Bakterien und Pilze ebenso wie Toxine oder kontaminierte Nahrungsmittel und Wasser. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Infektionskrankheiten wie Pest oder Grippe verheerende Auswirkungen haben – moderne Hygienemaßnahmen haben sie gebannt, doch neue Ausbrüche sind möglich. Die jährlichen Grippewellen und die weltweite Verbreitung von SARS-CoV‑2 (COVID-19) belegen: Epidemien und Pandemien bleiben eine ernstzunehmende Gefahr auch in Industrieländern. Selbst «kleine» Risiken wie Schimmel in der Wohnung oder von Zecken übertragene Krankheiten (z.B. FSME) betreffen Familien und Senioren. Laut Robert Koch-Institut sind schwerwiegende Ereignisse zwar selten, aber bei hochpathogenen Erregern können die Folgen gravierend sein. Umso wichtiger ist es, informiert zu sein: Je besser man über biologische Risiken Bescheid weiß, desto souveräner kann man vorbeugen und im Ernstfall handeln.
1.1 Ursachen und Formen biologischer Gefahren
Biologische Gefahren entstehen durch Krankheitserreger oder Giftstoffe. Dazu zählen:
Pandemien/Epidemien
Virus- oder Bakterienausbrüche (z.B. Grippe, COVID-19), die sich schnell ausbreiten können.
Biologische Kampfstoffe/Bioterrorismus
Absichtlicher Einsatz gefährlicher Erreger wie Milzbrand (Anthrax). Obwohl selten, müssen Behörden auch solche Szenarien einplanen.
Unfälle in Biolaboren oder Industrie
Ungewollte Freisetzung von Erregern oder Biotoxinen bei Labor- oder Transportzwischenfällen.
Schimmelpilzbefall
Feuchte Wohnungsecken fördern Pilze (z.B. Aspergillus), deren Sporen Atemwegserkrankungen und Allergien auslösen können.
Kontaminierte Lebensmittel/Wasser
Keime wie Salmonellen, EHEC oder Legionellen in Speisen und Leitungswasser; auch chemische Verunreinigungen (Blei, Pestizide) sind möglich. Achtung: Warnmeldungen zu Rückrufen veröffentlicht z.B. lebensmittelwarnung.de.
Zoonosen (Krankheiten durch Tiere/Insekten)
Erkrankungen, die von Tieren oder Insekten auf Menschen übergehen. Dazu zählen Zeckenerkrankungen wie FSME und Borreliose, das West-Nil-Virus (aus Stechmücken), sowie durch Nager übertragene Infektionen (Leptospirose, Hantaviren). Erreger können sich über Tröpfchen, Körperflüssigkeiten oder kontaminierte Lebensmittel/Wasser verbreiten.

2 Vorbeugende Maßnahmen im Alltag
Informieren und planen: Schulen Sie sich und Ihre Familie über biologische Gefahren. Installieren Sie Warn-Apps wie NINA (Notfall-Informations- und Nachrichten-App), die offizielle Warnungen (z.B. bei Gefahrstoffausbreitung) liefern. Legen Sie einen Familien-Notfallplan fest: Besprechen Sie, wo man sich trifft oder wen man anruft. Notieren Sie wichtige Nummern (112 – Feuerwehr/Notarzt, 110 – Polizei, örtlicher Giftnotruf und Gesundheitsamt) und tragen Sie diese ein.
Hygiene
Häufiges Händewaschen mit Seife reduziert Krankheitserreger. Nutzen Sie Einmaltaschentücher beim Niesen und desinfizieren Sie regelmäßig Türklinken, Lichtschalter und Mobilgeräte. Versiegeln Sie Abfall hygienisch. Halten Sie Böden und Oberflächen sauber.
Lebensmittel- und Wassersicherheit
Achten Sie auf frisch gekochte Speisen: Fleisch und Fisch gut durchgaren, Eier durchkochen. Waschen Sie Obst und Gemüse gründlich. Kühlen Sie verderbliche Lebensmittel (<7 °C) und nutzen Sie frische Zutaten. Informieren Sie sich über Rückrufwarnungen (z.B. Pestizide in Obst, Krankheitserreger in Lebensmitteln). Trinken Sie möglichst sauberes Wasser: Im Notfall kann abgekochtes Wasser oder ein Notwasserfilter (z.B. LifeStraw) Bakterien und Parasiten entfernen.
Schutz vor Tieren und Insekten
In Risikogebieten (z.B. Bodensee, Allgäu) lassen Sie sich gegen FSME impfen. Tragen Sie im Wald helle, langärmelige Kleidung und verwenden Sie Zeckenrepellents. Prüfen Sie nach dem Waldspaziergang Haut und Kleidung auf Zecken. Im Sommer schützen Sie sich vor Stechmücken (Mückenspray, Moskitoschutz im Fenster). Für Ihre Haustiere: Sorgen Sie für regelmäßige Entwurmung und Zeckenschutz. Vermeiden Sie Rattenbefall durch dichte Mülltonnen, verschlossene Köder und regelmäßige Schädlingskontrollen.
Wohnumfeld trocken halten
Lüften Sie mehrmals täglich stoßweise (besonders im Bad und Küche) – so beugen Sie Schimmel vor. Reparieren Sie Lecks sofort. Bei Schimmelbefall schrubben Sie kleine Stellen mit Reiniger, bei großflächigem Schimmel ist professionelle Hilfe nötig.
Notfallvorsorge-Set
Legen Sie einen Notfallrucksack an. Darin gehören z.B. Taschenlampe mit frischen Batterien, ein batteriebetriebenes Radio (für Anweisungen), ein Feuerzeug/Streichhölzer, Hygieneartikel (Handdesinfektionsmittel, Feuchttücher, Einmalhandschuhe), Wasserflaschen (mind. 2 Liter pro Person), haltbare Lebensmittel (Konserven, Müsliriegel), Medikamente (persönliche und Basismedikamente wie Paracetamol) sowie wichtige Dokumente in einer wasserfesten Dokumentenmappe. Denken Sie auch an ein Erste-Hilfe-Set. Prüfen Sie regelmäßig, ob alles noch einsatzbereit ist.
Schutz der Atemluft
Erwägen Sie einen Luftfilter mit HEPA-Filter für Ihr Heiz- oder Lüftungssystem – so lassen sich in Innenräumen Viren und Bakterien aus der Luft filtern. Halten Sie auch Atemschutzmasken (FFP2 oder OP-Masken) und Einmal-Nitrilhandschuhe als Vorrat bereit, um sie bei Bedarf schnell zu nutzen.

3 Verhalten im Ernstfall
Kommt es doch zu einem Zwischenfall oder einem Krankheitsausbruch, ist richtiges Verhalten entscheidend:
Offizielle Informationen einholen
Hören Sie Radio oder TV und verfolgen Sie zuverlässige Online-Quellen (z.B. warnung.bund.de, lokale Behördenmeldungen). Dort erfahren Sie, welche Gebiete betroffen sind, welche Symptome typisch sind und wo Hilfe zu finden ist.
Bereich meiden
Halten Sie Abstand von betroffenen Orten. Wenn Sie unerwartet eine gefährliche Substanz riechen oder sehen (z.B. seltsame Wolke, Pulver), verlassen Sie sofort diesen Bereich in Gegenwindrichtung.
Atemschutz verwenden
Tragen Sie eine Maske (FFP2 oder mindestens mehrere Lagen Stoff) vor Mund und Nase, um das Einatmen von Keimen zu reduzieren. Decken Sie Mund und Nase beim Husten/ Niesen ab.
Kontaminierte Kleidung ausziehen
Sollten Sie mögliche Biostoffe an Ihrer Kleidung haben, ziehen Sie diese vorsichtig aus (berühren Sie nur unbelastete Teile wie Kragen/verschluss), packen Sie sie dicht in Plastiktüten und waschen oder entsorgen Sie sie gemäß behördlicher Anweisung. Nehmen Sie sofort eine Dusche und wechseln Sie in saubere Kleidung.
Selbstschutz und Isolation
Bleiben Sie nach Möglichkeit zu Hause und meiden Sie Kontakt zu anderen (soziale Isolation). Lassen Sie Fenster geschlossen und schalten Sie Lüftungen ab, wenn Atemluft belastet sein könnte. Vermeiden Sie unnötige Kontakte, bis „Entwarnung“ gegeben wird.
Gesundheitlich handeln
Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Temperatur und Ihren Gesundheitszustand. Bei Krankheitssymptomen (Fieber, Husten, ungewöhnliche Beschwerden) kontaktieren Sie umgehend Ihren Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (Telefon 116117) und schildern Sie den Verdacht auf eine gefährliche Infektion. Nur in akuter Lebensgefahr den Notruf 112 wählen.
Information weitergeben
Melden Sie eindringlich anhaltende Symptome oder Fälle in Ihrer Familie/ Nachbarschaft dem zuständigen Gesundheitsamt. Bürger haben in besonderen Fällen sogar eine Meldepflicht (z.B. gefährliche Krankheitserreger) beim örtlichen Amt oder der Feuerwehr. Teilen Sie auch bekannten Rettungskräften (z.B. bei Anfahrt) Ihre möglichen Kontaktrisiken mit.
4 Nachsorge: Dekontamination und Gesundheitsschutz
Nachdem die unmittelbare Gefahr vorüber ist, stehen Reinigung, Überprüfung und Betreuung an:
Dekontamination der Räume
Reinigen und desinfizieren Sie alle Räume gründlich. Wischen Sie Flächen mit geeigneten Desinfektionsmitteln ab (Küche, Bad, Türklinken, Lichtschalter). Eventuell kontaminierte Teppiche, Polstermöbel oder Gardinen sollten professionell gesäubert oder entsorgt werden. Lüften Sie stark. Reinigen Sie Fahrzeuge und Behälter (Wasserflaschen, Taschen). Bei Schimmelbefall: Nicht nur die sichtbaren Stellen entfernen, sondern die Ursache (Feuchtequelle) beheben.
Persönliche Nachsorge
Beobachten Sie sich und Ihre Familie über Tage oder Wochen auf mögliche Erkrankungssymptome. Sollten unerklärliche Beschwerden auftreten, wenden Sie sich an Ihren Arzt. Informieren Sie diesen über die Exposition (z.B. „Ich war in Bereich X, wo ein Krankheitserreger freigesetzt wurde“). Je nach Erreger können Medikamente (wie Antibiotika oder Virostatika) nötig sein – befolgen Sie die ärztlichen Anweisungen genau. Denken Sie an Auffrischimpfungen (etwa gegen Tetanus bei einer verletzten Hand, wenn unklar ist, womit Sie in Kontakt kamen).
Meldepflichten beachten
In Deutschland regelt das Infektionsschutzgesetz, dass bestimmte Krankheiten und Erreger Ämtern gemeldet werden müssen. Helfen Sie mit, indem Sie Verdachtsfälle (etwa ungewöhnlich viele Krankheitsfälle) dem Gesundheitsamt melden. Auch für Baumängel oder Umweltschäden kann es Meldepflichten geben (z.B. Asbest- oder Schimmelbefall im Gebäude).
Unterstützung suchen
Ziehen Sie Hilfe hinzu – z.B. vom Roten Kreuz, Bevölkerungsschutz (Katastrophenschutz), Sozialdiensten oder speziellen Beratungsstellen. Viele Kommunen und Institutionen bieten Beratung bei Umwelt- und Gesundheitsgefährdung. Auch psychische Unterstützung (Krisentelefone, Therapien) steht Betroffenen bei Belastung zur Verfügung. Tauschen Sie Erfahrungen mit Nachbarn oder Selbsthilfegruppen aus – Gemeinschaft stärkt in Krisenzeiten die Widerstandskraft.
