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CHEMIEUNFÄLLE &

INDUSTRIEHAVARIEN

Chemieunfälle und Alltagsrisiken: Gefahren für jeden

Gefährliche Chemikalien begegnen uns nicht nur in Industrieanlagen, sondern auch im Haushalt, Garten oder beim Heimwerken. Ein Chemieunfall (Chemiekatastrophe) ist ein schwerer Unfall, bei dem giftige oder gesundheitsgefährdende Stoffe unkontrolliert freigesetzt werden. In unserer Industriegesellschaft sind große Unfälle stets möglich – etwa bei einem LKW-Unfall mit Gefahrgut oder einem Brand in einem Gefahrstofflager. Aber auch der sorglose Umgang mit Alltagschemikalien zuhause kann riskant sein. Viele Haushalts- und Gartenprodukte enthalten ätzende, entzündliche oder toxische Inhaltsstoffe (z.B. Bleichmittel, Lösungsmittel, Pflanzenschutzmittel). Besonders Asbestfasern in alten Baumaterialien sind gefährlich – sie sind krebserregend und können beispielsweise Lungenkrebs oder Mesotheliome auslösen. Es gilt: Jeder kann betroffen sein, sei es bei einem schweren Industrietank-Brand oder schon durch falsche Handhabung von Reinigern. Wichtig ist, chemische Risiken zu kennen und vorzubeugen.

Erklärung

1.1 Ursachen und Formen

Chemieunfälle entstehen meist durch menschliches Versagen, Fehler in Technik oder unsachgemäße Lagerung von Stoffen. Typische akute Großunfälle (“Industriehavarien”) sind beispielsweise:

Tankexplosionen und Großbrände in Chemiewerken oder Raffinerien (z.B. bei falscher Befüllung oder technischen Defekten).

Gasaustritte aus Rohrleitungen, Tanks oder Behältern – etwa bei Leckagen in Gastransporten oder in Industrieanlagen. Lagerhallenbrände, wenn brennbare Chemikalien in großen Mengen unkontrolliert entflammen.

Verkehrsunfälle mit Gefahrgut: Bei Bahn- oder LKW-Unfällen können Säuren, Laugen oder Lösemittel auslaufen und Menschen und Umwelt gefährden.

Daneben gibt es im Alltag viele Gefahrstoffe, bei denen schon ein kleiner Fehler schaden kann. Häufig sind das Reinigungsmittel, Farben, Lacke und Pflanzenschutzmittel, die ätzende, reizende oder toxische Wirkungen haben. Zum Beispiel können Chlorbleichlauge (in Reiniger) giftiges Chlorgas bilden, das die Atemwege schädigt, und Tenside in Reinigern die Haut austrocknen. Duft- und Lösungsmittel in Haushaltsprodukten können Allergien auslösen. Problematisch sind auch alte Substanzen wie Asbestfasern (in manchen Altbauten), Altöl oder Lösungsmittelreste. Sie müssen fachgerecht entsorgt werden, damit sie nicht ins Grundwasser oder in die Raumluft gelangen.

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Vorbereitung

Vorbeugende Maßnahmen

Zu Hause

Sicherheit beginnt bei der richtigen Kennzeichnung und Lagerung. Bewahren Sie alle Chemikalien immer in ihrer Originalverpackung auf, damit Warnsymbole (Gift, Ätzend, Entzündlich usw.) ablesbar bleiben. Beschriften Sie selbst umgefüllte Behälter eindeutig oder vermeiden Sie Umfüllaktionen völlig. Lagern Sie gefährliche Stoffe außer Reichweite von Kindern und Haustieren, niemals zusammen mit Lebensmitteln und am besten in abschließbaren Schränken.

Achten Sie auf einen vorsichtigen Umgang beim Arbeiten mit Gefahrstoffen: Tragen Sie bei Bedarf Schutzhandschuhe, Atemschutz und Schutzbrille. Verwenden Sie nur so viel Produkt, wie Sie wirklich brauchen, und mischen Sie niemals verschiedene Chemikalien zusammen. Lüften Sie Arbeitsräume gut, damit Dämpfe sich schnell verflüchtigen. Eine gute Alternative ist oft, Hausmittel (Essig, Zitronensäure, Natron) statt aggressiver Reiniger zu nutzen. Nach dem Gebrauch sollten Sie sich gründlich die Hände waschen und die Arbeitskleidung wechseln.

 

In Risikogebieten

Wer in Industrienähe, an Bahngleisen oder in der Nähe von Gefahrenlagern wohnt, sollte die örtlichen Warnpläne und Sirenenwege kennen. Informieren Sie sich bei örtlichen Behörden oder auf dem Nachbarschaftsportal großer Chemieparks über Notfallpläne. Erstellen Sie mit der Familie einen Flucht- und Sammelplan für den Ernstfall.

 

Frühwarnsysteme nutzen

Moderne Warnmittel können im Ernstfall Leben retten. Nutzen Sie die Warn-App NINA des Bundes (Notfall-Informations- und Nachrichten-App), die aktuelle Meldungen zu Gefahrstoffausbreitungen, Industriebränden oder Großbränden sendet. Halten Sie über das Portal warnung.bund.de Ausschau nach offiziellen Warnungen. In vielen Orten lösen spezielle Sirenenalarme Gefahrensignale aus; hören Sie darauf Rundfunkdurchsagen oder Lautsprecherwarnungen. Einfache Gaswarnmelder (z.B. für Kohlenmonoxid oder Erdgas) können giftige Gase frühzeitig erkennen. Solche Notfallausrüstungen für den Haushalt – wie Gasmelder oder Feuerlöscher – sind dringend empfehlenswert.

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Verhalten im Ernstfall

Reagieren Sie sofort auf Alarmierungen! Wenn Sirenen heulen oder Sie eine Warnmeldung (via App, Radio, Lautsprecher) erhalten, befolgen Sie umgehend die Behördenanweisungen. Allgemein gilt:

Drinnen bleiben

Gehen Sie sofort in die Wohnung zurück oder suchen Sie ein Gebäude auf. Schließen Sie alle Türen und Fenster dicht und schalten Sie Lüftung, Klimaanlage oder Ventilatoren ab. Suchen Sie einen möglichst fensterlosen, luftdichten Innenraum (z.B. ein Bad, einen Flur oder Keller) und dichten Sie Türen und Fenster ggf. mit feuchten Tüchern oder Klebeband ab. Vermeiden Sie offene Flammen (Kerzen, Gasherd).

 

Informiert bleiben

Schalten Sie das Radio ein (UKW-Regionalsender) und hören Sie auf Durchsagen. Verwenden Sie Telefon nur im Notfall (112), um Netze zu entlasten.

Schutzmaßnahmen ergreifen

Legen Sie einen Notfall-Atemschutz an – das kann ein halber Atemschutz mit Aktivkohlefilter sein oder vorübergehend auch eine dicht sitzende OP-Maske oder ein feuchtes Tuch vor Mund und Nase. Ziehen Sie empfindliche Kleidung (Jacke über Mundschutz, Schutzbrille) an, um Schleimhäute zu schützen. Bleiben Sie ruhig und geben Sie auch hilfsbedürftigen Mitmenschen (Kinder, Gehbehinderte) Unterkunft.

Außenbereich

Wenn Sie sich draußen aufhalten, flüchten Sie sofort in Windrichtung vom Unfallort weg. Sorgen Sie dafür, dass die Luftströmung von der Gefahrenquelle wegweht (gehen Sie nach „Luv“). Schließen Sie im Auto Fenster und Lüftung, bevor Sie einen sicheren Ort aufsuchen. Suchen Sie schnell ein stabiles Gebäude auf und verhalten Sie sich dort wie beschrieben.

Evakuierung

Wurden Sie aufgefordert, Ihr Haus oder Gebiet zu verlassen, tun Sie dies unverzüglich. Folgen Sie den markierten Fluchtwegen und Behördenhinweisen. Nehmen Sie – soweit möglich – Ihre Notfallausrüstung und wichtige Dokumente mit. Nur wenn Entwarnung gegeben wird, dürfen Sie nach Absprache mit den Einsatzkräften die abgesperrten Bereiche wieder betreten.

In jedem Fall: Bei schwereren Gesundheitsproblemen (Vergiftungszeichen wie Bewusstlosigkeit, starke Reizungen, Vergiftungssymptome) wählen Sie den Giftnotruf oder den Notruf 112. Informieren Sie ausführlich über den Stoff (Name, Unfallsituation) und befolgen Sie die Anweisungen der Leitstelle.

Während der Flut

Nach einem Vorfall

Auch nach dem akuten Ereignis bleibt Vorsicht geboten. Verlassen Sie die „Schutzräume“ erst, wenn die Behörde Entwarnung gegeben hat. Öffnen Sie dann vorsichtig alle Fenster und lüften Sie das Gebäude gründlich. Reinigen Sie alle Oberflächen (Böden, Wände) mit Seifenlösung oder dem passenden Neutralisator für den Stoff.

 

Kontaminierte Kleidung und Gegenstände

Ziehen Sie Kleidung und Schuhe aus, die mit Chemikalien in Berührung kamen, und entsorgen oder waschen Sie sie separat. Schneiden Sie ggf. kontaminierte Kleidungsstücke am Kopfansatz ab, damit sie nicht über Mund oder Atemwege entfernt werden müssen. Packen Sie diese Kleidungsreste in dichte Plastikbeutel (Gefahrgutbehälter) und deklarieren Sie sie als Sondermüll. Waschen Sie Ihre Haut, Gesicht und Augen gründlich mit Wasser und Seife oder sterilem Wasser. Spülen Sie Augen kräftig, auch wenn keine Reizung spürbar war.

 

Gesundheitsüberwachung

Lassen Sie mögliche Vergiftungs- oder Belastungssymptome (Husten, Hautausschlag, Atembeschwerden) ärztlich abklären. In Deutschland besteht Meldepflicht bei bestimmten Unfällen: Feuerwehr, Gesundheitsamt und Bundessamt für Bevölkerungsschutz (BBK) untersuchen den Sachverhalt. Nutzen Sie dazu auch die kostenlosen Informationen der Giftinformationszentralen.

 

Hilfe durch Einsatzkräfte

Feuerwehr und spezialisiertes ABC-Alarmteam (Gefahrgut- oder CBRN-Einheit) übernehmen mit Fachgerät die Dekontamination von Einsatzkräften und Einsatzgut. Sie messen die Restkontamination in der Umgebung und führen bei Bedarf Evakuierungen durch. Das BBK koordiniert überregionalen Bevölkerungsschutz, ggf. wird Hilfe auch über Nachbarn oder Freiwillige („Self-Help“) organisiert.

Nach der Flut
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