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Zwischen Flut und Dürre: Wie Deutschland lernt, zum Schwamm zu werden – Maßnahmen gegen die Wasser-Extreme des Klimawandels

  • Autorenbild: crisewise Redaktion
    crisewise Redaktion
  • 26. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

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Wasser ist Leben. Doch in Deutschland wird es zum Problem – mal fehlt es, mal kommt es in zerstörerischen Mengen. Der Klimawandel verstärkt diese Extreme. Dieser Artikel zeigt in einfacher Sprache, warum wir neue Wege finden müssen, mit Wasser umzugehen, und welche Lösungen schon heute erprobt werden.


Die doppelte Bedrohung: Zu viel und zu wenig Wasser

In Deutschland erleben wir es immer häufiger: Der Sommer bringt lange Hitze und Dürre, die den Böden das Wasser entziehen. Gleichzeitig kommt es im Winter oder bei Unwettern zu Starkregen, der Flüsse über die Ufer treten lässt und ganze Landstriche überflutet. Diese Extreme werden nicht weniger – sie werden mehr.

Seit 2018 ist es in vielen Regionen ungewöhnlich trocken. Das Grundwasser sinkt. Wälder sterben ab. Felder verdorren. Doch gleichzeitig gab es katastrophale Überschwemmungen, wie im Ahrtal 2021 oder beim Hochwasser 2023/24. Diese Schwankungen sind nicht nur Wetterkapriolen, sondern direkte Folgen des Klimawandels.

Der Klimawandel heizt unsere Erde auf. Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Aus wärmeren Meeren verdunstet mehr Wasser. Treffen diese feuchten Luftmassen auf kältere Fronten, regnet es stärker und intensiver als früher. So entstehen Extremwetterlagen, die Deutschland vor große Herausforderungen stellen.


Warum das alte Wassermanagement nicht mehr reicht

Über Jahrzehnte galt in Deutschland das Motto: entwässern. Moore wurden trockengelegt, Flüsse begradigt, Gräben gezogen – alles, um Land für Landwirtschaft, Siedlungen und Straßen nutzbar zu machen. Wasser war eher ein Störfaktor. Doch diese Einstellung rächt sich heute.

Denn: Wenn Wasser zu schnell abläuft, versickert es nicht mehr im Boden. Die Böden trocknen aus, das Grundwasser sinkt, und in Dürreperioden fehlt es an Reserven. Gleichzeitig fehlt den Flüssen bei Hochwasser der Raum, um sich auszubreiten, wodurch Schäden entstehen. Das alte System stößt an seine Grenzen.


Das „Schwammland“-Prinzip: Wasser halten statt ableiten

Die zentrale Idee der neuen Maßnahmen heißt: Deutschland muss wieder ein „Schwamm“ werden. Das bedeutet, dass Wasser dort, wo es fällt, möglichst lange in der Landschaft gehalten wird. So kann es in den Boden einsickern, das Grundwasser auffüllen und in Dürrezeiten als Reserve dienen. Gleichzeitig kann man durch mehr Raum für Flüsse und Feuchtgebiete Hochwasser bremsen.

Dieser Ansatz erfordert einen grundlegenden Wandel. Statt das Wasser schnell loszuwerden, müssen wir lernen, es zu speichern. Dafür gibt es verschiedene Bausteine.


Maßnahme 1: Talsperren anpassen und intelligent steuern

Talsperren wie im Harz spielen eine wichtige Rolle. Sie liefern Trinkwasser, schützen vor Hochwasser und versorgen die Natur. Doch auch sie geraten an ihre Grenzen. Beim Hochwasser 2023/24 mussten die Harzer Talsperren so viel Wasser ablassen, dass es zu Überschwemmungen kam.

Um in Zukunft besser vorbereitet zu sein, setzen die Betreiber auf neue Technologien. Sie entwickeln sogenannte „digitale Zwillinge“: Computermodelle, die aus alten Wetter- und Wasserstandsdaten lernen und vorhersagen, wie sich die Pegel entwickeln werden. So können Talsperren in Extremwetterlagen präziser gesteuert werden.

Außerdem prüfen die Betreiber, ob es möglich ist, bestehende Dämme zu erhöhen oder Talsperren miteinander zu vernetzen, um Wasser flexibler umleiten zu können.


Maßnahme 2: Grundwasser gezielt anreichern

Das größte Wasserreservoir liegt nicht sichtbar unter unseren Füßen: das Grundwasser. Doch es wird weniger. Hier setzt das Konzept der „künstlichen Grundwasseranreicherung“ an. Dabei wird Wasser aus Flüssen oder Überschüssen in den Boden geleitet, damit es das Grundwasser auffüllt.

Das kann mit einfachen Mitteln geschehen, etwa über sandgefüllte Becken, die langsam versickern, oder mit Schluckbrunnen, die Wasser in tiefere Schichten pumpen. Diese Technik wird bisher nur in kleinem Maßstab eingesetzt, etwa in Berlin oder im Hessischen Ried. Doch Forschende wie Irina Engelhart von der TU Berlin wollen sie großflächig nutzen – ganze Landschaften sollen so zu Schwammlandschaften werden.

Wichtig ist, geeignete Standorte zu finden: Wälder bieten sich eher an als Ackerflächen, da sie nicht gleichzeitig für die Landwirtschaft genutzt werden.


Maßnahme 3: Flüsse renaturieren

In vielen Regionen, wie an der Fechte in Niedersachsen, wird schon jetzt an der Renaturierung gearbeitet. Früher begradigte Flüsse werden wieder in Kurven gelegt, Dämme zurückverlegt, damit das Wasser sich bei Hochwasser ausbreiten kann.

Diese Flächen wirken wie natürliche Schwämme: Sie nehmen überschüssiges Wasser auf, das langsam in den Boden einsickern kann. Gleichzeitig entstehen wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Ein konkretes Projekt ist „Spongeworks“, das von der Leibniz Universität Hannover koordiniert wird. Es entwickelt Konzepte, wie ganze Landschaften so umgebaut werden können, dass sie Wasser besser halten – für die Natur, die Landwirtschaft und die Menschen.


Maßnahme 4: Landwirtschaft umstellen

Landwirte sind von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen. Lange Zeit setzten viele auf Brunnen, um ihre Felder zu bewässern. Doch das ist nicht nachhaltig, wenn das Grundwasser immer weiter sinkt.

Deshalb denken immer mehr Landwirte um. Sie setzen auf Maßnahmen, die Wasser länger auf den Feldern halten, zum Beispiel: 


  • kleine Wehre in Gräben, die den Wasserstand regulieren, 

  • das Anlegen von Feuchtgebieten, 

  • den Ausbau von Grünland.


Besonders einfach sind kleine Holzbauten in Entwässerungsgräben, mit denen der Wasserstand erhöht werden kann. Damit können Landwirte gezielt Wasser speichern, das in trockenen Monaten dringend gebraucht wird.


Maßnahme 5: Städte als „Schwammstädte“

Auch in Städten gibt es das Konzept der Schwammstadt. Dabei geht es darum, Regenwasser nicht direkt in die Kanalisation zu leiten, sondern vor Ort zu speichern. Möglich machen das: 


  • begrünte Dächer,

  • Regenwasserspeicher, 

  • entsiegelte Flächen, auf denen das Wasser einsickern kann.


Diese Maßnahmen helfen nicht nur, Überschwemmungen zu vermeiden, sondern verbessern auch das Stadtklima, weil Pflanzen die Luft kühlen.


Fazit: Viele kleine Bausteine für ein widerstandsfähiges Deutschland

Die Umwelt in Deutschland ist den Folgen des Klimawandels bereits unweigerlich ausgesetzt. Wir können nicht mehr zurückdrehen, was passiert ist. Aber wir können uns anpassen.


Ein einzelnes Großprojekt – etwa eine riesige Talsperre – wird nicht reichen. Vielmehr braucht es viele kleine und große Maßnahmen, die zusammenwirken: Talsperren modernisieren, Grundwasser anreichern, Flüsse renaturieren, die Landwirtschaft umstellen und Städte umgestalten.


Deutschland muss lernen, wieder ein Schwamm zu werden. Nur so können wir uns vor den extremen Wassermengen schützen, die in Zukunft noch häufiger kommen werden – und gleichzeitig Vorräte schaffen, um Dürreperioden zu überstehen.

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