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Als der Himmel Europas stillstand: Der Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010

  • Autorenbild: crisewise Redaktion
    crisewise Redaktion
  • 20. März 2010
  • 2 Min. Lesezeit

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Im Frühling 2010 erwachte der Eyjafjallajökull im Südwesten Islands nach Jahren relativer Ruhe erneut mit starken Erschütterungen, als Seismometer am 20. März Alarm schlugen. Eine erste, noch vergleichsweise milde Eruptionsphase dauerte bis zum 12. April an. Am 14. April kam es unterhalb der dicken Gletscherdecke zu einer heftigen Explosion, bei der heiße Lava mit Eis in Kontakt trat und die Magmaklumpen in feinste Aschepartikel zerplatzten. Diese Aschewolke driftete innerhalb weniger Tage flussabwärts nach Südosteuropa und erreichte große Teile der Nordhalbkugel. Zwischen dem 15. und 21. April legte die Asche den Flugverkehr in Europa nahezu vollständig lahm, als mehr als 100.000 Flüge gestrichen wurden. Der finanzielle Gesamtschaden wurde von Oxford Economics auf rund 2,5 Milliarden Euro geschätzt.


Wie begann der Ausbruch?

Schon Wochen vor dem Ausbruch hatten Geologen in Island erhöhte seismische Aktivitäten gemessen, die ab dem 20. März 2010 deutlich zunahmen. Aus einer Seitenflanke des Gletschervulkans floss nun glühende Lava – eine vergleichsweise ruhige Phase, die bis zum 12. April andauerte. Am 14. April zeichnete sich jedoch eine neue Gefahr ab, als ein explosiver Ausbruch direkt unter der Eisdecke stattfand und enorme Dampfwolken in die Luft schoss.


Die gefährliche Aschewolke

Heiße Magma traf auf kaltes Schmelzwasser und zersprengte die Lava zu winzigen Glaspartikeln, der vulkanischen Asche. Windrichtungen und Wetterlagen trugen diese Asche binnen Tagen über die Nordsee und weite Teile Europas, von Großbritannien bis nach Zentralrussland und südwärts bis Spanien und Portugal. Aus Sicherheitsgründen blieb der Luftraum zwischen dem 15. und dem 21. April geschlossen, was zur Streichung von über 100.000 Flügen führte.


Auswirkungen vor Ort

Der größte Teil der Asche fiel jedoch auf Island selbst, wo die bis zu 20 Meter dicken Ascheschichten auf dem Gletscher lagen und die Dunkelfärbung die Schmelzgeschwindigkeit erhöhte. Bauern auf der Snæfellsnes-Halbinsel mussten beispielsweise rund 30 Kühe in Ställe verlegen, um Fluorvergiftungen durch aschereiche Weiden zu verhindern. Auch 500 Anwohner in der direkten Umgebung wurden vorsorglich evakuiert, um sie vor den Aschepartikeln und möglichen Überschwemmungen durch Gletscherläufe zu schützen.


Wirtschaftliche Folgen

Das monatelange Flugverbot brachte die Luftfahrt- und Tourismusbranche in Europa nahezu zum Erliegen und führte zu weltweiten Lieferengpässen. Die weltweiten Produktionsausfälle senkten das globale Bruttoinlandsprodukt um schätzungsweise 4,17 Milliarden Euro. Auf Island selbst litt der lokale Tourismus kurzfristig unter den Aschewolken, erfuhr danach jedoch einen regelrechten Boom: In den Jahren nach 2010 vervielfachten sich die Besucherzahlen, da Island durch den Ausbruch weltweit bekannt wurde.


Wissenschaft und Lehre

Um künftig schneller reagieren zu können, erweiterten Forscher des Forschungszentrums Jülich ihr Aerosol-Transportmodell und passten bestehende Modelle wie NAME (Numerical Atmospheric-dispersion Modeling Environment) und EURAD-IM an, um Aschewolken in Echtzeit berechnen zu können. Zwei Jahre nach dem Ausbruch startete das europäische FUTUREVOLC-Projekt, um Vulkanobservatorien zu vernetzen und einheitliche Vorhersage- und Warnsysteme zu etablieren.


Ausblick

Der Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 zeigte, wie verletzlich moderne Flug- und Lieferketten gegenüber Naturgewalten sind. Heute gibt es zwar verbesserte Mess- und Warnsysteme, doch bleibt die Herausforderung, Ascheströme und Wetterlagen noch präziser zu prognostizieren. Die Lehren aus Island fließen in die Planung künftiger Notfallstrategien ein und sollen verhindern, dass Europas Himmel erneut tagelang stillsteht.

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