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Verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien 2023: Ausmaß, Hilfe und Neubeginn

  • Autorenbild: crisewise Redaktion
    crisewise Redaktion
  • 6. Feb. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

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Am 6. Februar 2023 erschütterte ein starkes Erdbeben der Magnitude 7,8 das Grenzgebiet zwischen der Südosttürkei und Nordwestsyrien. Nur neun Stunden später folgte ein Nachbeben mit einer Stärke von 7,6. Die Erschütterungen rissen mehr als 62.000 Menschen in den Tod und verletzten über 125.000 weitere. Ganze Städte lagen in Trümmern, Straßen und Brücken wurden zerstört – das Ausmaß der Katastrophe war gigantisch.


Tektonischer Hintergrund

Die Region liegt an einer „Dreifachgrenze“, wo die Anatolische, Arabische und Afrikanische Platte aufeinandertreffen. Das Hauptbeben entstand entlang der Ostanatolischen Verwerfung, einer 700 Kilometer langen Transformstörung. Dort hatten sich seit dem letzten großen Beben von 1939 Spannungen über Jahrhunderte angestaut. Untersuchungen zeigen, dass sich das Erdreich auf einer Länge von fast 400 Kilometern aufriss.


Ablauf der Erschütterungen

Am frühen Morgen des 6. Februars 2023 (04:17 Uhr Ortszeit) war das erste Hauptbeben spürbar. In rund 18 Kilometern Tiefe entluden sich kräftige Spannungen mit einer Mercalli-Intensität von IX (verwüstend). Zahlreiche Nachbeben folgten: bereits um 13:24 Uhr bebte die Erde erneut mit Stärke 7,6. Die Erschütterungen waren in weiten Teilen des Nahen Ostens bis nach Zypern und dem Libanon zu spüren.


Tragweite der Zerstörung

In 13 türkischen Provinzen mussten über 230.000 Gebäude abgerissen oder umfassend saniert werden. Mindestens 1,5 Millionen Menschen wurden obdachlos. Die Sachschäden summieren sich auf geschätzte 118,8 Milliarden US-Dollar – allein die Türkei trägt davon rund 104 Milliarden. In Syrien verschlimmerte das Beben die ohnehin prekäre Lage vieler Bürgerkriegs-Flüchtlinge, besonders im dicht besiedelten Nordwesten des Landes.


Internationale Rettungseinsätze

Nach dem ersten Beben aktivierte die Türkei sofort den EU-Katastrophenschutzmechanismus. Mehr als 2.600 Helfer aus 65 Ländern waren noch am Abend vor Ort im Einsatz, binnen weniger Tage wuchs die Zahl auf über 16.000 Rettungskräfte mit Suchhunden, Spezialgerät und Hubschraubern an. Länder wie Griechenland, Deutschland, Österreich und Italien sandten Feuerwehr- und THW-Teams, Militärflugzeuge transportierten Hilfsgüter und humanitäre Organisationen richteten Notunterkünfte sowie Suppenküchen ein.


Deutsche Hilfe und humanitäre Unterstützung

Deutschland rückte schnell als einer der größten Geber in die Top 3 auf. Das Auswärtige Amt stellte insgesamt 240 Millionen Euro Soforthilfe bereit. Über das Technische Hilfswerk (THW) kamen Wasseraufbereitungsanlagen, Notstromaggregate und Zelte in die Katastrophengebiete, während Malteser International und Welthungerhilfe gemeinsam mit lokalen Partnern Zehntausende Notpakete verteilten. Zudem vereinfachte die Bundesregierung das Visumverfahren für Familienangehörige von Opfern, um unbürokratische Unterstützung zu ermöglichen.


Kritik am Krisenmanagement

Trotz der Hilfseinsätze war die Zahl der Opfer erschreckend hoch. Experten bemängeln, dass jahrelange Hinweise auf Baumängel und Korruption im Bauwesen ignoriert wurden. Viele der eingestürzten Gebäude waren vor Inkrafttreten moderner Erdbebenvorschriften errichtet oder nachträglich ohne Genehmigung verändert worden. So kam es, dass das zweite Beben zahllose schon geschädigte Häuser endgültig einbrechen ließ.


Spendenaufrufe und lokale Initiativen

Zivilgesellschaftliche Gruppen und NGOs starteten unmittelbar Spendenkampagnen. Die Heinrich-Böll-Stiftung etwa listete auf ihrer Website Hilfsorganisationen wie Ahbap, die syrischen Weißhelme oder Molham Team, die in schwer zugänglichen Gegenden direkt Nothilfe leisten. Die Partner vor Ort versorgten Überlebende mit Decken, Medikamenten und Essen, besonders in den vom Krieg gezeichneten Regionen Nordwestsyriens.


Seismologische Forschung und Ausblick

Forschende des GFZ in Potsdam fanden in einer Nature-Communications-Studie Hinweise auf einen monatelangen Vorbereitungsprozess: Seit Juni 2022 häuften sich in der Region um das spätere Epizentrum clusters von kleineren Beben. Kurzfristige Prognosen sind jedoch weiterhin nicht möglich. Die neuen Analyseverfahren geben Behörden jedoch wichtige Informationen, um Städte wie Istanbul besser vorzubereiten.


Lehren für die Zukunft

  1. Bauqualität verbessern und korrupte Genehmigungsverfahren stoppen.

  2. Frühwarnsysteme ausbauen, um Erschütterungen sofort zu melden.

  3. Evakuierungspläne regelmäßig üben und öffentlich kommunizieren.

  4. Internationale Kooperation in Katastrophenschutz und Wiederaufbau stärken.


Die Erdbebenkatastrophe 2023 mahnt, dass technische Ausrüstung allein nicht ausreicht. Nur mit klaren Regeln, transparenter Verwaltung und engagierter Zivilgesellschaft lassen sich Leben schützen und die Resilienz ganzer Regionen erhöhen.

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