Russlands Drohnen über Polen: Was passiert ist – und was NATO & EU jetzt tun
- crisewise Redaktion
- 13. Sept.
- 4 Min. Lesezeit

In der Nacht vom 9. auf den 10. September 2025 sind mindestens 19 russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen – tiefer und zahlreicher als je zuvor seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine. Polnische und verbündete Jets stiegen auf, mehrere Drohnen wurden über Polen abgeschossen. Warschau wertet den Vorfall als gezielte Provokation und rief die NATO-Partner zu Beratungen. Die Allianz reagierte umgehend und kündigte eine neue Schutzmission an.
Was genau geschah?
Während russischer Luftangriffe auf die Ukraine kreuzten russische Drohnen die Grenze und flogen zum Teil hunderte Kilometer über Polen. Nach Angaben aus Warschau waren es 19 bis 23 Objekte; mindestens acht wurden von alliierten Kräften abgeschossen. Es ist das erste Mal, dass NATO-Flugzeuge russische Ziele über Bündnisgebiet bekämpften. Kurzzeitig wurden auch Flughäfen und Teile des Luftraums gesperrt.
Polens Regierung spricht von einem „Test“ der Reaktionsfähigkeit. Auch internationale Medien ordnen den Vorfall als bewusste Grenzverletzung ein – Russland bestreitet dies und behauptet, die Drohnen hätten keine Ziele in Polen gehabt.
NATO startet „Eastern Sentry“
Als direkte Antwort hat die NATO die Mission „Eastern Sentry“ beschlossen. Ziel ist es, die östliche Flanke von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer mit zusätzlichen Jets, Sensoren und Marineeinheiten abzusichern – flexibel, vernetzt und schnell verlegbar. Genannt wurden unter anderem Rafale (Frankreich), Eurofighter (Deutschland), F-16 sowie eine dänische Fregatte. NATO-Generalsekretär Mark Rutte nannte das russische Vorgehen „rücksichtslos und inakzeptabel“.
Die Mission setzt auf adaptive Präsenz statt starrer Truppenlisten. Damit soll der Gegner im Ungewissen bleiben, wo und wie die Allianz Drohnen, Marschflugkörper oder Sabotage abwehren kann.
Wie reagierten Polen und die EU-Partner?
Polen schränkte den Luftraum im Osten ein, verbot private Drohnenflüge entlang der Grenzen und *aktivierte politische und militärische Notfallmechanismen. Deutschland verdoppelte die Zahl seiner Eurofighter für das Air-Policing über Polen und verlängerte den Einsatz bis Jahresende; Frankreich entsandte drei Rafale.
Im UNO-Sicherheitsrat bekräftigten die USA und 43 weitere Staaten, man werde „jeden Zentimeter NATO-Territorium“ verteidigen. Russland wies die Vorwürfe zurück, sprach von Versehen – dem widersprachen Polens Regierung und mehrere EU-Staaten deutlich.
Absicht oder Versehen? Politischer Streit
Für zusätzliche Spannung sorgte eine Aussage von US-Präsident Donald Trump, der die Verletzung des polnischen Luftraums als mögliches „Versehen“ bezeichnete. Premier Donald Tusk reagierte umgehend: Man wünsche sich, es wäre ein Fehler gewesen – „aber das war es nicht“. Mehrere Analysen sehen in der Aktion einen bewussten Test von NATO-Prozessen und Luftverteidigung.
Was sagen die Fakten zu den Drohnen?
Nach polnischen Angaben handelte es sich überwiegend um langsam fliegende, unbewaffnete Aufklärungs- oder Täuschdrohnen, die in der Ukraine häufig als „Kamikaze-Drohnen“ oder als Attrappen eingesetzt werden. Teile der Drohnen wurden geborgen; Ermittler prüfen Startpunkte und Steuerung. Berichte sprechen davon, dass mehrere Drohnen über Belarus nach Polen gelangten.
Unabhängig von der konkreten Technik: Solche Massen-Incursions sind darauf angelegt, Radar und Abwehr zu „fluten“, Reaktionszeiten zu verkürzen und politische Entscheidungsprozesse zu belasten. Genau das ist passiert – die NATO musste binnen Minuten koordinieren, identifizieren, entscheiden.
Alltag und Sicherheit: Was bedeutete das für die Bevölkerung?
In der Nacht wurden Flughäfen in betroffenen Regionen zeitweise geschlossen, Flüge umgeleitet. Behörden warnten vor Trümmerteilen, es kam zu Sperrungen einzelner Straßen. Am Morgen danach normalisierte sich der Verkehr schrittweise; die Luftraumbeschränkungen an der Ostgrenze blieben zunächst bestehen.
Polen und seine Nachbarn nutzten die Lage, um Warn- und Alarmketten zu testen: Sirenen, Cell Broadcast, Air-Policing und Radarverbünde. Auch Deutschland wertete in Echtzeit Daten aus und speiste sie in das gemeinsame Lagebild ein.
Einordnung: Warum jetzt?
Der Vorfall fiel zusammen mit dem russisch-belarussischen Manöver „Sapad 2025“ und intensiven Angriffen auf die Ukraine. Er passt in ein Muster hybrider Druckmittel, mit denen Moskau Grenzen austestet: Cyberangriffe, Sabotage in der Ostsee, Desinformation – und nun Drohnen über NATO-Territorium. Die Antwort der Allianz folgt derselben Logik: Sichtbarkeit, Abschreckung, schnelle Reaktionsfähigkeit.
Was bedeutet „Eastern Sentry“ konkret?
Mehr Luftraumüberwachung entlang der Ostflanke, inkl. AWACS/AEW&C und vernetzter Sensorik.
Zusätzliche Kampfjets (u. a. Rafale, Eurofighter, F-16), Luftbetankung und Patriot-Systeme in hoher Alarmbereitschaft.
Maritime Bausteine (u. a. dänische Fregatte) für Küstenradar und Luftabwehr über See.
Flexible Verlegung – kein starres „Kontingent“, sondern adaptives Auf- und Abschalten nach Lage.
Damit adressiert die NATO eine Lücke, die der Ukraine-Krieg offengelegt hat: Schwarmtaktiken mit billigen Drohnen zwingen selbst reiche Armeen, ihre Abwehrketten neu zu denken – von der Früherkennung bis zur gesetzlichen Luftraumordnung (z. B. Sperrzonen für Hobbydrohnen nahe Grenzen).
Deutschlands Rolle
Berlin verdoppelte die Zahl der Eurofighter für den Schutz des polnischen Luftraums, verlängerte die Mission und koordinierte mit Frankreichs Rafale und weiteren Verbündeten. Zusätzlich wurden Patriot-Verbände in Polen auf erhöhte Bereitschaft gesetzt. Deutschlands Botschaft: Solidarität mit Polen, Abschreckung gegenüber Moskau.
Blick nach vorn: Risiken und rote Linien
Wird es bei Drohnen bleiben? Militäranalysten warnen, dass billige, zahlreich eingesetzte Systeme das Risiko von Fehlkalkulationen erhöhen. Schon kleine Fehler oder Trümmer können Schäden verursachen – mit politischen Folgen bis in den UNO-Sicherheitsrat. Genau deshalb betonen die USA und ihre Partner erneut: Bündnisgebiet ist tabu. „Jeder Zentimeter“ bleibt rote Linie.
Fazit
Der Drohnenvorfall über Polen markiert eine neue Stufe des Konflikts: NATO-Gebiet wurde in der Breite getestet, die Antwort fällt koordiniert und sichtbar aus. Mit „Eastern Sentry“ zieht die Allianz die Luftraumabwehr an der Ostflanke hoch – schnell, flexibel und mit vielen Partnern. Für Bürgerinnen und Bürger im Grenzraum bedeutet das: mehr Präsenz am Himmel, gelegentlich Luftraum- und Verkehrsauflagen, vor allem aber ein klares Signal an Moskau: Die Schwelle zur Eskalation ist bekannt – und bewacht.
Quellen (Auswahl): NATO-/Reuters-Meldungen zu „Eastern Sentry“; ABC News Australia zur Bewertung Polens; Deutschlandfunk zu Luftraumbeschränkungen und europäischen Verstärkungen; ORF-Analysen zu Drohnentypen und Einsatztiefe; Berichterstattung zu Reaktionen im UNO-Sicherheitsrat und zu Trumps umstrittener Einordnung.